Hinter Gittern gegen Drogen: Chance für einen Ex-Süchtigen

Wie im Ronsdorfer Jugendgefängnis den Insassen ein Neustart ohne Drogen ermöglicht wird.

Südhöhen. Ali (Name von der Redaktion geändert) war 14 Jahre alt, als er das erste Mal kiffte. Haschischrauchen wurde ein Dauerzustand, aus Ali ein nahezu klassischer Fall. Die Schule brach er ohne Abschluss ab, traf stattdessen angebliche Freunde. Irgendwann nahm Ali Koks, wurde kriminell, um Geld für Stoff zu besorgen. Wegen Raubes bekam er 14 Monate Haft, saß erst im einst berüchtigten Jugendknast Siegburg, seit viereinhalb Monaten ist er Insasse der Jugendjustizvollzugsanstalt Ronsdorf.

Der bisherige Lebenslauf des Kurden ist niederschmetternd. Doch an diesem Donnerstagmorgen blickt der mittlerweile 21-Jährige zuversichtlich in die Zukunft: „Ich will einen Neuanfang“, sagt er. Die Chancen dazu stehen gut. Denn Ali hat sich am Tag seiner Überstellung nach Wuppertal von den Drogen losgesagt, und er hat die neue „Suchthilfe“, die im Jugendstrafvollzug in Ronsdorf angeboten wird, angenommen.

Am gestrigen Donnerstag wurde die „Beratung von suchtabhängigen Gefangenen“ in einem Vertrag zwischen der JVA Ronsdorf, dem Caritasverband, dem Freundes- und Förderkreis Suchthilfe und der Beratungsstelle für Drogenprobleme ganz offiziell beschlossen. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Von den 510 Insassen der JVA Ronsdorf gelten 256 als drogenabhängig. 189 von ihnen nehmen aggressiv machende Amphetamine. Das erklärt, warum die meisten der Jugendknackis nicht wegen Drogen-, sondern wegen Gewaltdelikten hinter Gittern sind.

Mit den externen Suchtberatern — sie haben unter anderem Büros und Schlüsselgewalt in der JVA — wird all das in Gruppensitzungen aber auch in Einzelgesprächen aufgearbeitet. Es gibt Häftlingsgruppen, in denen es bei der Suchtberatung darum geht, die Rückfallgefahr zu verringern.

Es gibt auch Gruppen, in denen die straffällig gewordenen jungen Männer darauf hinarbeiten, einen Therapieplatz zu bekommen. Ali ist einer von ihnen. Und er hat es fast geschafft. Anfang August soll er seine Therapie anfangen. Er steht dann unter Bewährung, muss den Entzug schaffen — aber er ist dann nicht mehr hinter Gittern.

JVA-Leiter Rupert Koch beschönigt nichts: „Der Übergang nach draußen ist am schwersten. Deswegen ist diese Kooperation mit all ihren Vernetzungen so wichtig.“ Sie soll den Kontakt ins wirkliche Leben erleichtern und verhindern, dass die einst kriminellen Süchtigen „draußen“ sofort wieder den alten Mustern aus Drogen und Gewalt verfallen.

Die JVA-Beamtin Heike Natrup weiß, wie schwer den jungen Häftlingen — das Durchschnittsalter in Ronsdorf liegt bei 19 Jahren — schon hinter Gittern ein gerader Weg in die richtige Richtung fällt: „An einem Tag wird die Therapie angestrebt, am nächsten dann alles schon wieder über den Haufen geworfen.“

Ali hat sich entschieden. Er schaut aus dem vergitterten Fenster seiner Haftabteilung in den Hof hinunter. Mit den falschen Freunden aus seiner Drogenzeit will er nichts mehr zu tun haben. Und er nennt seine Ziele: „Schulausbildung, Beruf — und eine Familie gründen.“ Es ist der Wunsch nach einem ganz normalen Leben.

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