Wuppertaler Kirche Heimat auf Zeit

Wo die Wälder noch rauschen, die Nachtigall singt, …“ – Für viele ältere Menschen ist der Text und vor allem die Melodie des Bergischen Heimatliedes „klingende Heimat“.

 Pfarrer

Pfarrer

Foto: Kirchenkreis Wtal

Das Wort „Heimat“ hat man viele Jahrzehnte kaum gebraucht, eher vermieden. Seit einigen Jahren hat es wieder „Konjunktur“. Wir haben nun sogar ein „Heimatministerium“.

Was ist Heimat? Heimat ist da, wo man mich kennt, wo ich mich auskenne, wo man Anteil an meinem Leben nimmt, wo ich aufgenommen bin. Ich kann nicht beheimatet sein, wo ich allen und jedem gleichgültig bin. Auch nicht da, wo mir alles fremd ist und bleibt. Heimat ist ein Gefühl von Geborgenheit.

Heimat ist da, wo man meine Sprache spricht, meinen Humor versteht und ich den der anderen. Heimat, das ist Kindheitserinnerung, ist Essen und Trinken. Heimat ist sinnlich.

Heimat ist gemeinsame Geschichte, geteiltes Leben, miteinander durchgestandene Gefahr, gemeinschaftlich gefeierte Feste, zusammen betrauerte Menschen.

Manche wollen ihre Heimat erhalten, indem sie in ihr nach Homogenität streben. In der „Heimat“ haben dann nur die Platz, die sind „wie wir“. Fremdes wird als Gefahr wahrgenommen und selbst wenn „Einheimische“ Neues versuchen, stoßen sie oft an enge Grenzen. „Dann geh doch rüber, geh woanders hin, wenn‘s Dir hier nicht gefällt“.

Eine so verengte Heimat scheint immer in Gefahr und muss geschützt werden.

Es sagt schon etwas, dass unser Bundes-„Heimatminister“ gleichzeitig die Geheimdienste unter sich hat und die Polizei und den Grenzschutz. Man hätte das Thema „Heimat“ ja auch der „Staatsministerin für Kultur“ übertragen können. Dann wäre „Heimat“ verbunden mit „Kultur“, „lebendiger Erinnerung“, „Musik“ und „Kunst“. Man würde ihre „Schönheit“ suchen und pflegen, die dann besonders schön ist, wenn sie andere Schönheiten neben sich leuchten lassen kann. Das wäre ein anderes Zeichen gewesen.

Als Jesus einmal gefragt wird, wo seine Heimat sei, antwortet er, er habe keine. Die ersten Christen waren gewissermaßen „vaterlandslose Gesellen“. Sie sprachen von einer neuen, einer anderen Heimat, einer ewigen, und freuten sich über ihr „Bürgerrecht im Himmel“. Sie wussten, dass sie hier auf Erden, „keine bleibende Stadt“ hatten, sondern auf dem Weg und „auf der Suche nach der zukünftigen“, unterwegs waren.

Alles war für sie plötzlich „auf Zeit“. Als mit der Botschaft von Jesu Auferweckung der Tod aufhörte, eine Sackgasse zu sein, als die biologische Lebenszeit aufhörte, die einzige Lebenszeit zu sein, als die Erde und jeder ihrer Winkel aufhörte, der einzig mögliche Lebensraum zu sein, da veränderte sich für sie alles. Sie waren nicht mehr verdammt, nur eine Heimat zu haben und sie auf Teufel komm raus zu verteidigen. Man konnte sie nicht mehr bannen in eine Gegenwart, in der Gottes Verheißungen noch nicht erfüllt sind, Unrecht noch die Wirklichkeit bestimmt, die Tyrannen noch nicht von ihren Thronen gestürzt sind und mit der Angst vor dem Tod Politik gemacht werden kann. Um Christi willen waren sie unbeschreiblich frei geworden.

Unsere Heimat hier auf Erden gehört uns nicht, und wir gehören ihr nicht.

Um der Heimat im Himmel willen, in die Gott alle Menschen aller Völker und Nationen ruft, können Christenmenschen auf Erden keine „Nationalisten“ mehr sein. Mit den verabsolutierten Heimaten haben sie nichts mehr zu schaffen. Aber gerade deshalb sind sie frei, ihre Heimaten zu gestalten. Sie müssen sich nicht einmauern. Sie wissen von der Vorläufigkeit all dessen, was sie hier auf Erden haben. Und sie gestalten ihre Heimat so, dass sie einen Vorgeschmack geben kann auf die Heimat, die Gott bereitet hat. Da werden Tränen getrocknet, Leid gemeinsam getragen, Gerechtigkeit geübt und Gottes Gebot zur Mitmenschlichkeit zählt etwas.

Einen solchen Ort nenne ich gerne – auf Zeit – meine Heimat.

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