Haus und Grund: Vorsitzender attackiert Behinderten

Der Vorsitzende des Eigentümer-Vereins droht seinem Stellvertreter mit ärztlicher Untersuchung, weil dieser an Multiple Sklerose leidet.

Wuppertal. Der von internen Zerwürfnissen erschütterte Verein „Haus und Grund Wuppertal und Umland“ kommt nicht zur Ruhe. In einem Brief fordert der erste Vorsitzende Jürgen Krüger den zweiten Vorsitzenden zum Rücktritt auf und droht damit, ihn andernfalls ärztlich auf seinen Geisteszustand untersuchen lassen zu wollen.

Der WZ liegt der brisante Brief vor, der bei Mitgliedern des Vereins und auch Mitgliedern von Haus und Grund in Barmen für Entsetzen sorgt. „Ich bin fassungslos über so viel Niedertracht einem Behinderten gegenüber“, erklärt etwa Reinhardt Schütz von Haus und Grund Barmen

In dem Brief schreibt der Vorsitzende Krüger an den zweiten Vorsitzenden: „Ich wusste zwar von Anfang an, dass Sie Rollstuhlfahrer sind und dachte zunächst, dass dies durch einen Unfall verursacht war. Mittlerweile habe ich gehört, dass Sie an Multiple Sklerose (MS) erkrankt sind, und zwar in einem fortgeschrittenen Stadium. Das hätten Sie mir . . . mitteilen müssen.“

Krüger schreibt weiter: „Aufgrund ihres Verhaltens, das schon zu viel Unheil und großen Nachteilen im Verein geführt hat, mache ich mir große Sorgen um Ihren Gesundheitszustand und noch mehr um das Wohl des Vereins. Sie sind schwer krank, zu krank, um wirklich eine konstruktiven postiven Beitrag im Vorstand von Haus und Grund leisten zu können.“

Anschließend fordert Krüger den zweiten Vorsitzenden zum Rücktritt auf. Anderenfalls „behalte ich mir vor, auf Ihre Kosten ein fachärztliches Gutachten zu Ihrer Person und zu Ihrer Erkrankung einzuholen.“ Zuvor hatte Krüger in seinem Brief zudem aufgeführt, dass Multiple Sklerose auch psychische Symptome, wie etwa eine paranoide Psychose, auslösen könne. Auslöse für die Attacke ist offensichtlich, dass Krüger dem zweiten Vorsitzenden vereinsschädigendes Verhalten bis hin zur Aufwiegelung der Mitarbeiter vorwirft.

Der zweite Vorsitzende von Haus und Grund, der vor Scham seinen Namen nicht genannt haben möchte, zeigte sich im Gespräch mit der WZ von den Vorwürfen tief betroffen und erklärte: „Mein Arzt hat mir schon vor langer Zeit bestätigt, dass die Krankheit zum Stillstand gekommen ist. Ich bin geistig topfit, aber ich fühle mich nun sehr gekränkt.“

Jürgen Krüger ist seit Anfang des Jahres erster Vorsitzender von Haus und Grund. Der promovierte Physiker hatte sich in einer Kampfabstimmung während der chaotischen Jahreshauptversammlung im Januar gegen den damaligen Vorsitzenden Jürgen Henke durchgesetzt.

Der etwa 3500 Mitglieder zählende Eigentümerverband steht vor seiner nächsten Schlammschlacht. Gerd Marx, ehemaliges Vorstandmitglied bei Haus und Grund, forderte Krüger auf, selbst von seinem Amt zurückzutreten. Marx wörtlich: „Wie erdreisten Sie sich, einem körperlich schwer behinderten Menschen etwas derartiges zu schrieben?“

Im Gespräch mit der WZ wollte sich Krüger zu seinen Äußerungen nicht erklären und begründete dies damit, dass er kein Jurist sei.

Unterdessen lösen diese Äußerungen immer mehr Empörung aus. Ewald Ahrem, der Sohn des Wuppertalers Willi Ahrem, der während der NS-Diktatur Juden vor den Nazis gerettet hatte, erklärt: „Mit Abscheu habe ich die Argumentation von Jürgen Krüger gelesen. Assoziationen mit den brauen Parolen bezüglich ,unwerten Lebens’ aus dem Dritten Reich drängen sich auf.“ Er fordert Krüger auf, von seinem Amt zurückzutreten.

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