Haus Richter Beek: Abschied von einem Stück Geselligkeit im Tal

Die Familie Diederichs gibt angesichts der Forderung nach einem Nichtraucherbereich auf.

Beek. „Ich lasse mir nach 135 Jahren, die unsere Familie das Haus betreibt, nichts vorschreiben“, sagt Helmut Diederichs, der mit Ehefrau Petra Eigentümer des Traditionshauses Richter in der Beek ist. Seit 1876 existiert die Gaststätte, die mittlerweile zu einem Teil der Stadtgeschichte geworden ist: einstige Stammkneipe von Johannes Rau, und Veranstaltungsort für zahlreiche Feste, Bälle, Tanz- und Jazz-Veranstaltungen. Jetzt ist damit Schluss — wegen der Raucherschutzverordnung. „Jazz ohne zu rauchen, das gibt’s nicht“, sagt Diederichs. „Lieber stelle ich den Betrieb ein.“

Ein wenig Nostalgie schwingt mit, wenn man die Räume des alten Fachwerkhauses betritt. Die Tapeten an den Wänden stammen noch aus den 30er Jahren: in Zierfliesen-Optik, mit floralen Mustern oder sogar Reitern auf Pferden. Der Teppichboden im Schankbereich verrät viel über so manchen fröhlichen Abend — der letzte scheint schon eine Weile her zu sein: Auf den Tischen liegt noch die Weihnachtsdekoration aus. In der Spüle stehen ein paar unbenutzte Gläser.

„Hier saß er am liebsten“, sagt Diederichs und zeigt auf einen runden Holztisch in einer Ecke. Jeden Mittwoch und Sonntag spielte „Bruder Johannes“, der in der Nachbarschaft lebte und damals noch Ministerpräsident war, mit seinen Freunden dort Skat — bis tief in die Nacht. „Er war gerne hier“, sagt Diederichs. „Weil er hier nicht Politiker war, sondern ein Freund des Hauses.“

Es habe sogar eine Zeit gegeben, da sei Johannes Rau mit seiner schwangeren Frau Christina so oft zu Besuch gewesen, „dass man schon fast gehofft hatte, Töchterchen Anna komme im Haus Richter zur Welt.“ Und auch in seiner Berliner Ära schaute der damalige Bundespräsident so oft es ging vorbei: „Er rief einfach von unterwegs an, er komme heute, ganz unkompliziert.“

Damals waren die Zeiten anders. 2010 verstarb Helga Ballnus, Mutter von Petra Diederichs und die Seele des Hauses. Die Diederichs wollten den Betrieb in ihrem Sinne weiterführen. Ende vergangenen Jahres planten sie Jazz-Veranstaltungen mit je 180 Gästen. Doch das Ordnungsamt machte ihnen bald einen Strich durch die Rechnung. Die Abende durften nicht stattfinden, wie alle anderen Veranstaltungen, da es in dem alten Gebäude keinen Nichtraucherbereich gibt.

„In diesem Haus einen Bereich abzutrennen, das geht nicht. Die Atmosphäre wird zerstört“, sagt der Eigentümer. Zumal seine Gäste beinahe alles Raucher seien. „Das Haus hat Tradition, diese kaputt zu machen, ist eine Schande.“ Noch hofft er, das Haus vermieten zu können, „damit der Bestand erhalten bleibt“. Ein Verkauf ist erst die letzte Lösung.

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