Buch „Der dritte Weg der Päpste – Die Wirtschaftsideen des Vatikans“ Hans Frambach: „Eine arme Kirche würde in unserer Welt in der Bedeutungslosigkeit versinken“

Wuppertal · Der Wissenschaftler Hans Frambach von der Bergischen Universität spricht über die Wirtschaftsideen des Vatikans.

 Hans Frambach

Hans Frambach

Foto: Fries, Stefan (fri)

Was wäre, wenn die Kirche der Armen tatsächlich arm wäre? Was wäre, wenn alle Kirchengüter verkauft und den Armen zugutekämen? Der Vatikan ist reich, die Katholische Kirche ist reich, ohne Frage, sie mehrt ihr Vermögen von Tag zu Tag und wird auch nicht müde, die ganze Welt immer wieder aufzurufen, die Armen nicht zu vergessen. Hans Frambach, Volkswirt an der Bergischen Universität, hat sich zusammen mit Co-Autor Daniel Eissrich in dem Buch „Der dritte Weg der Päpste – Die Wirtschaftsideen des Vatikans“ mit den Sozialenzykliken (Bezeichnung von Rundschreiben, Anm. d. Red.) des Heiligen Stuhls auseinandergesetzt.

Seit jeher fordert die katholische Kirche in ihren Sozialenzykliken die Gesellschaft zu mehr Solidarität untereinander auf und formuliert eigene Ideen der wirtschaftlichen Entwicklung.

Wie beschreitet nun aber ein an christlichen Werten orientiertes Wirtschaftsunternehmen einen neuen Weg? Dazu muss man vielleicht erst einmal klären, um welche Unternehmensgröße es sich im Falle des Vatikans handelt. Wie reich ist also die römische Enklave? „Ein Problem in der Beantwortung dieser Frage besteht darin, dass oftmals nicht nur der Vatikan gemeint ist, sondern die Katholische Kirche überhaupt“, schränkt Frambach sofort ein, jedoch sei ganz offiziell bei Wikipedia zu lesen, dass die Vermögenswerte des Vatikans bei circa 13 Milliarden Euro, bei jährlichen Ausgaben von ca. 0,4 Milliarden Euro, lägen, wobei der Schwerpunkt auf den Personalkosten ruhe. Ein Großteil der Vermögenswerte sei dabei in Grundbesitz, Liegenschaften und Gebäuden gebunden. Für Deutschland, sagt Frambach, gebe es auch Angaben. „Häufig genannte Zahlen stammen etwa von dem Politikwissenschaftler und Publizisten Carsten Frerk, der im Zuge des Skandals um den ehemaligen Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst von 2013 gegenüber Focus online und dem Spiegel das Vermögen der Katholischen Kirche in Deutschland einmal auf etwa 200 Milliarden Euro taxiert hatte.“

Kirchen haben ein Vermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro

Der Autor Friedhelm Schwarz geht mit dem Unternehmen Kirche hart ins Gericht und sagt: „Kein Unternehmen, keine Partei und keine Gewerkschaft hat so viel Macht wie die beiden großen Kirchen in Deutschland (...). Die Kirchen betonen in der Öffentlichkeit immer wieder ihre Armut. Doch das ist eine Zwecklüge, um noch mehr Einnahmen und Subventionen zu scheffeln, die nur dazu dienen, den Einfluss der Kirchenbürokraten auszubauen. Die beiden großen Kirchen in Deutschland verfügen heute über ein Gesamtvermögen von rund 500 Milliarden Euro. Sie haben 53 Millionen Mitglieder und beschäftigen über 1,3 Millionen Mitarbeiter in knapp 50 000 selbstständigen Unternehmen. Sie erzielen einen Gesamtumsatz von mehr als 125 Milliarden Euro jährlich.“

Frambach betont: „In den vielen Unternehmen, die sich in Eigentum und Trägerschaft der Kirche befinden, sind Menschen beschäftigt, die produzieren, Dienstleistungen erbringen, wirtschaftliche Werte erzeugen. Vielfach handelt es sich um soziale Einrichtungen wie Krankenhäuser, Hospize, Jugend- und Altersheime. Die (katholische) Caritas etwa ist mit annähernd 700.000 hauptamtlichen Mitarbeitern der größte nichtstaatliche Arbeitgeber in Deutschland. Daher muss man sich ernsthaft fragen, ob die Welt beziehungsweise die Bürger besser dran wären, wenn sich dieses Vermögen nicht in den Händen der Kirche, sondern von Privatunternehmen befände.“

Der Kaufmannssohn Franz von Assisi gilt als Vorreiter der Armutsbewegung. Papst Franziskus hat die Wahl seines Namens mit der Aussage begründet, er wünsche eine arme Kirche für die Armen. Kaum vorstellbar, dass das Oberhaupt der Katholiken nicht um die Vermögenswerte weiß, aber ein Veräußern und Verschenken dieser Werte hätte nach Frambachs Einschätzung auch nur einen kurzen Erfolg. „Würde die Kirche die Erlöse zur Armutsbewältigung verwenden, stiege einerseits sicherlich die Glaubwürdigkeit“, erklärt er. „Andererseits aber würde sich an der grundsätzlichen Armutsproblematik in der Welt aber wohl kaum, allenfalls vielleicht kurzfristig, etwas ändern.“ Vielmehr glaubt Frambach, dass Papst Franziskus mit seiner Aussage zum Ausdruck bringen wollte, dass sich die Kirche beziehungsweise jegliche ihrer Würdenträger in ihrer täglichen Arbeit eher mit den realen Problemen der Armen und Ärmsten direkt auseinandersetzen und sich weniger um Fragen des eigenen Verwaltens, der Eigenbeschäftigung und der strategischen Außendarstellung und Vernetzung kümmern sollten. Das Leben und die Arbeit Franz von Assisis sehe der Papst als erstrebenswert. „Ich befürchte, dass eine arme Kirche in unserer heutigen Welt eher in der Bedeutungslosigkeit versinken würde, da sie viele ihrer sozialen Aufträge gar nicht mehr erfüllen könnte.“

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