Auch in Wuppertal GWG-Chef Oliver Zier: „Der Kampf um Wohnraum wird immer mehr angeheizt“ (mit Podcast)

Wuppertal · Energetische Sanierung, Mietpreise und Vorgaben, die nicht komplett durchdacht sind, sind dieses Mal Themen bei den Wuppertaler Wendepunkten.

Warnt vor übertriebenen Erwartungen beim CO 2 -Ausstoß: GWG-Geschäftsführer Oliver Zier.

Warnt vor übertriebenen Erwartungen beim CO 2 -Ausstoß: GWG-Geschäftsführer Oliver Zier.

Foto: Fries, Stefan (fri)/Fries, Stefan (fr)

Die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH (GWG) ist seit Jahrzehnten dabei, ihre Wohngebäude energetisch zu sanieren. Seit der Klimagesetzgebung hat sich das Thema mehr und mehr verlagert, hin zur Frage nach dem Kohlendioxid-Ausstoß. „Während man vorher mehr über den Energieverbrauch gesprochen hat, geht es jetzt stärker darum, welchen CO2-Ausstoß ein Gebäude hat“, sagt GWG-Geschäftsführer Oliver Zier. Die Zielsetzung dabei ist klar: Bis 2045 sollte dieser Wert null betragen.

Das geht aber nur in der Theorie, weiß Zier: „Null wird es nie werden. Wir sprechen von einem Wert um fünf. Da streiten sich die Experten. Der Rest wird durch Maßnahmen wie Begrünung kompensiert oder durch Zertifikate“, erklärt er. Die GWG sei aber auf einem guten Weg. Bis 2019 hatte die Gesellschaft die Gesamtemission bereits auf 21 Kilogramm pro Quadratmeter und Jahr reduziert. Der ursprüngliche Wert lag bei 49.

5600 Wohnung verwaltet die GWG. Der überwiegende Teil der Gebäude ist älteren Baujahrs, Neubau ist nicht dabei. Die energetische Sanierung von Bestandsimmobilien ist aber eben die Herausforderung. „Als Gesellschaft können wir – im Vergleich zu jemandem, der nur eine Immobilie hat – in Quartieren denken, vor allem im Bereich der Heizung. Wir wollen den Verbrauch der Heizenergie möglichst weit herabsenken, der Rest muss anschließend so produziert werden, dass möglichst wenig CO2 auftritt“, sagt er. Dabei werden Themen wie Biogas, Fernwärme und Wärmepumpen diskutiert. Technologisch hat die GWG ihren Klimapfad auf verschiedene Füße gestellt, einer davon ist die Fernwärme. Darum hofft Zier auf einen zügigen Ausbau.

In näherer Zukunft wird weiter an der Emissionsreduzierung gearbeitet. Die von vielen Seiten so gepriesenen Wärmepumpen sind für Zier nicht der Heilige Gral. Bei Gebäuden im Bestand müsse stärker auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis beachtet werden, auch in Bezug auf die Mietpreisentwicklung. Darum wird das Thema Wärmepumpen für die GWG nicht jedes Problem im Bestand lösen. Das sei aber nicht nur ein Problem, das die Gemeinnützigkeit der GWG mit sich bringe, sondern eines, das auch andere Mietshausbesitzer betreffe. „Unser Verband hat ausgerechnet, welche Auswirkungen allein die Veränderungen, die das vergangenen Jahr mit sich gebracht hat, auf die Mieten haben. Da sprechen wir unter anderem von gestiegenen Zinsen und höheren Baukosten. Das Ergebnis war eine Kaltmiete von 19 Euro pro Quadratmeter, die der Bauherr braucht, um ein Gebäude zu refinanzieren. Da weiß jeder, dass das in Wuppertal weder gewollt noch machbar ist“, sagt er. Laut des Geschäftsführers muss es für beide Seiten bezahlbar bleiben. Auch für den Eigentümer. Anderenfalls würde nicht mehr investiert – mit massiven Folgen, wie auf Bundesebene sichtbar wird. „Wir rasen mit 250 000 weit am Ziel von 400 000 fertiggestellten Wohnungen vorbei. Entsprechend wird das Angebot kleiner, die Nachfrage aber größer. Auch in Wuppertal merken wir, wie der Kampf um Wohnraum zugenommen hat“, sagt Zier.

Dieser Trend darf sich nicht verfestigen, betont der Geschäftsführer. Seine Forderung: „Es braucht eine potente und verlässliche Förderstruktur. Kein Investor bringt Geld in Projekte ein in dem Wissen, dass er später Verluste macht. Es gibt eine Landesförderung, da hat sich viel getan. Bei der Bundesförderung hingegen herrscht insbesondere seit vergangenem Jahr Verunsicherung. Das ist Gift. Das müssen wir schnell in den Griff bekommen, damit es weitergeht“, sagt er. Das Bauen müsse darüber hinaus wieder günstiger werden. Doch diverse Verordnungen und Regularien verteuerten es eher. Als ein Beispiel nennt er aufwendige Vorgaben zur Heizungssteuerung in Wohngebäuden, bei der ihm zu wenig der Kosten-Nutzen-Faktor bedacht wurde.

Optimistisch, dass die Klimaziele erreicht werden können, ist Oliver Zier dennoch: „Bevor wir die Ziele korrigieren, haben wir noch Potenzial, an Stellschrauben zu korrigieren. Zunächst müssen wir auf die Anforderungen, die das vergangene Jahr bei den Baukosten, Zinskosten und anderen Dingen mit sich gebracht hat, reagieren.“

Für Bestandsbesitzer müsse entsprechend noch einmal besonders geschaut werden, wie die Ziele umgesetzt werden. Und Oliver Zier setzt Hoffnung in die Zukunft: „Wir wissen jetzt noch nicht, welche Technologien uns in Zukunft zur Verfügung stehen. Mit den Mitteln, die wir heute haben, werden wir die Ziele wahrscheinlich nicht erreichen, vor allem nicht mit Blick auf die Kostensituation“, sagt GWG-Geschäftsführer Oliver Zier.

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