Wohnraum und Stadtentwicklung Grüner Ratsherr will Wuppertaler Eigentümer zum Vermieten zwingen

Statt auf der grünen Wiese sollen Flächen im Innenstadtbereich genutzt werden. An die ist oft schwer heranzukommen.

 flächen wupppertal

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Foto: ja/KLXM

Wuppertal hat Wohnraumpotenziale. Kritiker werfen Stadt und Land aber vor, diese vor allem auf der grünen Wiese zu suchen. Dabei lägen im Innenstadtbereich Flächen brach und stünden Gebäude leer. An die heranzukommen, ist jedoch oft schwierig. Mancher Eigentümer ist nicht erreichbar, hat kein Geld oder ist schlichtweg nicht interessiert, sein Eigentum zu vermarkten. Klaus Lüdemann, Ratsherr der Grünen, sieht Handlungsbedarf: Eigentümer müssten stärker in die Pflicht genommen werden, sagt er. Er kenne Beispiele in anderen Städten, die mit einem „Zweckentfremdungsverbot“ versuchen, den Wohnungsmarkt besser zu steuern.

Gut 16 000 neue Wohnungen müssten laut Regionalplan bis zum Zeitraum 2035 bis 2040 geschaffen werden. Ein Zeitpunkt, der scheinbar noch weit in der Zukunft liegt. Für die Voraussetzungen müsste aber jetzt gesorgt werden, sagt auch die Stadt. Aktuell arbeitet die Verwaltung an einem Innenentwicklungskonzept. Ein erstes Ergebnis: Theoretisch kommt das beauftragte Gutachterbüro auf 34 289 Wohneinheiten — realisierbar seien aber mit 10 320 nur ein Drittel. Ein Grund dafür: „eine sehr ausdifferenzierte Eigentümerstruktur und oftmals kaum entwicklungswillige Eigentümer“, wie es in der Vorlage zum Stadtentwicklungsausschuss hieß.

Ein Punkt, an dem auch Lüdemann einhakt. „Das ist ein heißes Thema.“ Es dürfe zum Beispiel nicht sein, „dass es über zehn Jahre irgendwo Leerstand gibt und nichts passiert“. Er wolle, dass Wuppertal möglicherweise ähnlich wie Düsseldorf oder Köln verfährt und über eine Zweckentfremdungsverordnung nachdenkt. Zuletzt war die in Düsseldorf vom Rat verabschiedet worden, vor allem, um „gegen ungenehmigte Ferienwohnungen und Leerstand“ vorzugehen, wie die Landeshauptstadt verkündete. Bei „Zuwiderhandlungen gegen die Wohnraumschutzsatzung“ könnten hohe Bußgelder verhängt werden.

Modelle a la Airbnb, also Vermietung von Wohnraum in den Ferien, seien in Wuppertal zwar kein Thema. „Der Leerstand aber schon, deshalb suche ich nach neuen Wegen“, sagt Lüdemann. In seiner Nachbarschaft am Ölberg habe er ein Beispiel, wie es eben nicht laufen soll. Ein eigentlich schönes Haus, das praktisch leer stehe, und ein Eigentümer, der nichts mache. „Dabei kenne ich ihn sogar, habe schon oft mit ihm gesprochen, aber er hat kein Interesse“, erklärt Lüdemann, der klarstellt, dass sein Vorschlag zunächst nur seine eigene Meinung sei. Seine Partei werde sich aber vielleicht schon für das kommende Wahlprogramm damit befassen.

Haus und Grund lehnt Zwangsmaßnahmen ab

Grundsätzlich seien Zweckentfremdungsverordnungen ein gangbarer Weg, sagt der Fraktionsvorsitzende der CDU im Stadtrat, Ludger Kineke, „der mit Vorsicht begangen werden muss, die Ultima Ratio“. Es gebe genug potenzielle Wohnflächen. „Dazu muss man nur offenen Auges durch die Stadt fahren.“ Allerdings müsse man die Entwicklungsprozesse effektiver gestalten, gerade für die Eigentümer. Nicht immer seien diese unwillig. Die Bereiche der Stadtverwaltung müssten besser koordiniert werden. Die Abteilung Stadtentwicklung sei zum Beispiel nicht unbedingt die, die auch die Genehmigungen erteile.

Hermann Josef Richter vom Eigentümerverein Haus und Grund sieht Zwangsmaßnahmen gegen Eigentümer als letzten Ausweg. Stattdessen müsse die Stadt Hausbesitzer mehr unterstützen bei der Entwicklung ihrer Flächen. Potenziale lägen aber nicht nur dort. Die Umnutzung von Ladenlokalen zu Wohnraum sei wichtig. Auch durch die typischen eingeschossigen Discounter im Innenstadtbereich würde Platz verschenkt. „Hier müsste die Stadt tätig werden“, sagt Richter, etwa, indem sie planungsrechtliche Hürden abbaut. Das gelte auch bei der Umwidmung von Gewerbeflächen, wo es kein Gewerbe mehr gebe. „Die Stadt sagt mir zu oft, das geht nicht, anstatt an Wegen zu arbeiten, dass es doch geht.“

Dass von den gut 10 000 realisierbaren Wohneinheiten ein Teil nur theoretischer Natur ist, davon ist Klaus Jürgen Reese, Fraktionschef der SPD, überzeugt. Vorhandene Bebauung aufzustocken, sei schwierig. Zudem komme es darauf an, welche Wohnform gewünscht sei. „Wir brauchen jede Form, die Mischung macht‘s“, so Reese. Und wer ein Einfamilienhaus bauen will, der wolle das nicht an der Aue auf der Elberfelder Talachse, die als Potenzialfläche genannt wird. Dort sei eher Geschosswohnungsbau möglich.

Ganz ohne grüne Wiese und Vorschlägen wie den Bereich Asbruch an der Kleinen Höhe werde man nicht auskommen, auch wenn 10 000 der 16 000 fehlenden Wohneinheiten im innerstädtischen Bereich realisiert werden könnten, sagt Reese. Wobei er einschränkt: Das Wohngebiet am August-Jung-Weg, wo 17 Häuser entstehen sollen und das in der Kritik steht, sei ein schlechtes Beispiel für die grüne Wiese. „Drumherum steht genau die Art Häuser, die jetzt dort gebaut werden soll.“ Außerdem gebe es seit langem Bebauungspläne, früher für Geschosswohnungsbau, später für ein Ausflugslokal. » S. 16

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