Großer Auftritt am Karfreitag: Jede Geste, jeder Satz sitzt

Bei der großen Karfreitagsprozession in Wuppertal ziehen 80 Darsteller vom Deweerth’schen Garten zur Hardt.

Wuppertal. „Andiamo“, lautet sein letztes Wort. „Lasst uns gehen.“ Dann verlassen Jesus und seine Jünger die Tafel, an der sie sich zum letzten Abendmahl getroffen haben. Eben noch haben sie Brot und Wein herumgereicht, miteinander gegessen und gebetet. Mit geschlossenen Augen, die Arme gen Himmel gerichtet, hat sich Jesus an Gott, seinen Vater gerichtet. Doch Jesus befindet sich nicht wie damals auf dem Zionsberg, südlich der Altstadt Jerusalems. Sondern im Johanneshaus in Oberbarmen.

Es ist die dritte Probe der Karfreitagsprozession der Missione Cattolica Italiana, der katholischen italienischen Gemeinde. Maurizio Bommarito spielt im dritten Jahr den Jesus. Er ist gut vorbereitet und spricht seinen Text ohne Fehler. Seine dunklen Haare hat er wachsen lassen und zum Pferdeschwanz gebunden. Auch das Barthaar ist lang. Noch trägt er Turnschuhe und Jeans. Das Kostüm kommt später.

Auch die Jünger-Darsteller haben Freizeitkleidung an. Ihre Rolle nimmt man ihnen dennoch ab. Und obwohl der deutsche Besucher den genauen Wortlaut nicht versteht — alle Szenen sind auf Italienisch —, spürt er doch, was gerade passiert, welche Stimmung herrscht. Auch Regisseur Salvatore Giancani ist am Ende der Szene zufrieden. Kein einziges Mal musste er eingreifen, jeder Satz, jede Geste sitzt.

„Die meisten hier im Raum können so ziemlich jede Rolle mitsprechen“, erzählt Anna Petrotta später. Sie wird bei der großen Karfreitagsprozession der Missione Cattolica auf Italienisch die Szenen ansagen. Ein Pastor übernimmt das deutsche Pendant. Bis zu 7000 Zuschauer säumen jedes Jahr den Weg der 80 italienischen Laiendarsteller. Auf einer fünf Kilometer langen Strecke vom Deweerth’schen Garten bis zum Hardtpark stellen sie den Leidensweg Christi nach.

Die Begeisterung ist auch nach 32 Jahren ungebrochen. „Es gibt immer genug Leute, die mitmachen“, erzählt Petrotta. Seit fünf Jahren ist mit Volker Mattern auch ein Deutscher dabei. Der 47-Jährige versteht zwar kein Italienisch, geht aber dennoch voll in seiner Rolle als Josef von Arimathäa auf: „Ich fühle jetzt viel besser nach, was Jesus für uns getan hat“, sagt er. Auch an Nachwuchs mangelt es nicht: Giulia und Elisa (beide 9) sind dieses Jahr die jüngsten Darsteller.

Bei der zweiten Szene hakt es dann doch noch ein wenig. Die beiden Regisseure tuscheln am Rand, schließlich stoppen sie die Darsteller. „Wir haben nicht darauf geachtet, dass ein Trommelschlag immer den Beginn der nächsten Szene angibt“, erläutert Anna Petrotta. Außerdem hat Jesus zu spät sein Holzkreuz bekommen und einige Darsteller stehen am falschen Platz. „Es ist manchmal schwierig, hier drinnen die Dimensionen abzuschätzen. Wenn wir vor Ort sind, ist das kein Problem mehr“, ist Petrotta sicher.

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