Grippekrank ins Wartezimmer?

Wie zwei junge Elberfelder auf der Suche nach Hilfe den Umgang mit dem Verdacht auf Schweinegrippe erlebten.

Wuppertal. Schweinegrippe? "Mich wundert es nicht, dass so viele Menschen infiziert werden." Die Elberfelderin (22), die das sagt und namentlich nicht genannt werden möchte, hat den Umgang mit der Krankheit aus nächster Nähe erlebt.

Nachdem ihr Partner nach dem Besuch einer mehrtägigen Erstsemester-Veranstaltung Mitte Oktober krank zurückkam, hatte auch sie mit Symptomen der Schweinegrippe zu kämpfen. "Inzwischen geht es uns wieder gut, aber was wir im Krankenhaus und bei Ärzten erlebt haben, ist nicht zu fassen", berichtet die 22-Jährige der WZ.

Der Stein kam ins Rollen, als ihr Partner unter Husten und hohem Fieber litt. In seiner Studentengruppe wurden zwei Schweinegrippefälle bestätigt - darunter auch sein Zimmernachbar. "Die Symptome waren eindeutig." Um sicher zu sein, habe man sich telefonisch vorab im Bethesda-Krankenhaus mit dem Verdacht auf Schweinegrippe gemeldet und gesagt bekommen, vorbei zu schauen. "Als wir dann da waren, war mit einem Mal alles ganz anders und man fragte uns, warum wir hier sind." Ihre Krankenkassenkarte habe man nur mit Handschuhen angefasst.

Mit ihrem kranken Partner habe sie zunächst draußen ausharren müssen und eine Stunde auf einen Arzt gewartet, der dann in Schutzkleidung erschien. "Aufgrund der Diagnose war keine stationäre Aufnahme angezeigt", berichtet das Bethesda in einer Stellungnahme und widerspricht dem Eindruck, dass man den Patienten unnötig lange habe warten lassen. Nach Ausgabe eines Mundschutzes an der Pforte habe man den jungen Mann zum Seiteneingang der Ambulanz gebeten. Auf dem Weg dorthin habe es offenbar ein Missverständnis gegeben, worauf man den Erkrankten in die Ambulanz geführt habe.

Die 22-Jährige - sie erkrankte kurze Zeit später - bleibt bei ihrer Kritik: "Mein Freund wurde nicht eingehend untersucht und hat die Nacht dann ohne ein Medikament zu Hause verbracht - und niemand im Krankenhaus kam auf die Idee, uns danach zu fragen, wie wir ohne Auto dorthin kommen."

Die Stellungnahme bei Bethesda dazu: "Der Heimweg kann bei ambulanten Patienten grundsätzlich nicht durch das Krankenhaus gewährleistet werden. Das wäre bei einem Akutkrankenhaus mit 15.000 Fällen pro Jahr nicht möglich. Sollte es einem Patienten nicht möglich sein, selbst nach Hause zu kommen, muss er entweder stationär aufgenommen werden, oder wir rufen dem Patienten ein Taxi." Ebenso verweist man auf die Vereinbarung mit dem Gesundheitsamt, nach der die ambulante Betreuung von Patienten mit Symptomen sowie der Notdienst in erster Linie durch niedergelassene Ärzte erfolgt.

Aber auch dort machten die Elberfelder eigene Erfahrungen: Nach dem Krankenhaus haben sie am Montag darauf einen Arzt konsultiert und dort ein Rezept für das Grippemittel Tamiflu abgeholt. Als am Dienstag früh dann der Zimmernachbar in Duisburg mit Verdacht auf Lungenentzündung ins Krankenhaus eingeliefert wurde, wuchs die Sorge.

Die 22-Jährige berichtet vom arglosen Umgang mit dem Verdacht auf Schweinegrippe: In einer anderen Praxis habe man sie mittwochs gebeten, sich ins voll besetzte Wartezimmer zu setzen. "Schockierend. Ich hatte den Eindruck, dass mein Freund und ich die einzigen waren, die darauf bedacht waren, in der Praxis möglichst niemand anderen anzustecken." So streng man im Krankenhaus mit ihnen verfahren sei, so arglos habe man sie in Praxen behandelt.

So blieben die beiden Elberfelder zu Hause, um sich auszukurieren - gut zwei Tage mit Fieber, danach drei Tage geschwächt. Versorgt wurden sie von Freunden, die die Einkäufe vor die Tür stellten. "Wir sind jung und haben das durchstanden. Ich frage mich nur, was mit Risikopatienten ist, die durch Fahrlässigkeit angesteckt werden, wie wir sie erlebt haben."

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