Grenzen kann man überwinden

Das Glanz-Studio probt für sein erstes Stück: „Hier kommt keiner durch!“ hat am 27. Januar Premiere.

Grenzen kann man überwinden
Foto: Uwe Schinkel

Sie stehen gerne auf der Bühne, möchten am liebsten professionelle Schauspieler werden. Aber ihre Behinderungen erschweren den Weg dahin. Abhilfe leistet das Glanz-Studio, ein einmaliges Projekt des Vereins „Glanzstoff-Akademie der inklusiven Künste“. Seit August erarbeiten zehn Theaterbegeisterte das Stück „Hier kommt keiner durch!“ nach dem gleichnamigen Bilderbuch von Isabel Minhós und Bernardo P. Carvalho ein — montags und dienstags auf einer Probebühne des Opernhauses in Barmen. Am 27. Januar steht die Premiere im Theater am Engelsgarten an.

Die Idee ist einfach wie folgenschwer: Der General weist den Aufpasser an, niemanden über die Grenze zu lassen. Was im preisgekrönten Buch zu einem Gewimmel auf der linken Buchseite führt, während die rechte leer bleibt, ermöglicht auf der Bühne viele Szenen, die von der Kreativität der Schauspieleleven zeugen. Da ist die Botin, die sich so sehr verrenkt, um das Schild „Hier kommt keiner durch!“ zu lesen, dass ihre Pakete immer wieder auf dem Boden landen. Da ist die Frau mit ihrer Krücke, die „bisher immer durchgekommen ist“, nun aber einfach nicht schnell genug ist, um am Aufpasser vorbeizukommen. Da ist die Spontandemo, die das Publikum zu gemeinsamem Widerstand und Empörung aufruft. Da ist das Radlerduo, dessen Navi an der Grenze scheitert und in die Irre führt.

Das Thema Grenzen ist hochpolitisch und für die Theaterbegeisterten mit Handikap zugleich sehr persönlich. „An Grenzen zu geraten und diese zu überwinden, das ist für uns doch Alltag. Wir wollen nicht noch zusätzlich begrenzt werden“, macht sich Chantal Preisack für das Stück stark. Außerdem, so ergänzt die studierte Psychologin, lasse das Buch viel Freiheit für die eigene Kreativität. Das begrüßt auch die 19-jährige Lioba Ullrich: „Hier wird das gemacht, was wir wollen.“ Das ist auch Regisseur Markus Höller wichtig, der das Stück ausgesucht hat. Und Vereinsmitbegründer Uwe Schinkel ergänzt: „Eine einfache Geschichte mit ungeheurem Potenzial.“

Seit drei Jahren gibt es den Verein, der das offene Angebot an Behinderte und Nichtbehinderte macht, kreativ zu sein, Theater zu spielen. Der Name Glanzstoff steht für glänzende Ideen und Vorstellungen (Glanz) und für Vorhang oder Kostüme sowie Geschichten, die erzählt werden wollen (Stoff). Es gibt Glanz-Kurse und das zirka 18-köpfige Glanz-Ensemble, das einmal pro Woche probt. 2017 führte es „Planet der Affen“ auf, dieses Jahr soll „Die Ballade vom Seiltänzer Felix Fliegenbeil“ folgen. Weil Ensemblemitglieder intensiver arbeiten wollten und einer von ihnen, der 30-jährige Merlin Roemer die Idee einer Schule ins Spiel brachte, wurde das Glanz-Studio begründet.

In enger Kooperation mit dem Schauspiel Wuppertal unter seinem neuen Intendanten Thomas Braus wurde 2017 das Glanz-Studio ins Leben gerufen. Auf einen Aufruf meldeten sich an die 30 Interessierte, nach einem Vorspielen machten sich zehn Ausgewählte an die Arbeit — mit Eifer, Freude und vollem Einsatz. Bis Dezember sammelten sie Szenen, dieser Tage fanden eine Kostümprobe sowie der erste Gesamtdurchlauf statt — nun muss das Programm auf eine Stunde „eingedampft“ werden. Die Generalprobe ist für den 26. Januar angesetzt. Tags darauf kommen alle ihrem Traum(-Beruf) Theater ein gutes Stück näher. Das zweite Semester folgt dann mit gründlicher Analyse und dem zweiten Stück — das Höller noch aussuchen muss.

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