Spektakuläre Kriminalfälle : Gladbecker Geiselgangster gingen auf Einkaufstour
Dieter Degowski und Hans-Jürgen Rösner kauften in Wuppertal Brötchen.
Wuppertal. Weil in diesen Tagen bekannt wurde, dass Dieter Degowski demnächst aus dem Gefängnis entlassen wird, erinnern sich viele wieder an die dramatische Geiselnahme vor 29 Jahren: Degowski und sein Freund Hans-Jürgen Rösner hatten nach einem Banküberfall am 16. August 1988 in Gladbeck Geiseln genommen, flohen drei Tage quer durch die Republik, drei Menschen starben. Auf ihrer Flucht machten sie auch Halt in Wuppertal.
Das „Gladbecker Geiseldrama“ gilt als eines der spektakulärsten Verbrechen in Deutschland. Die beiden Männer, damals 31 und 32 Jahre alt, wechselten mehrfach die Fluchtfahrzeuge und brachten in Bremen einen Linienbus mit 32 Fahrgästen in ihre Gewalt.
Unterwegs sprachen mehrere Reporter mit den Geiselnehmern und auch mit Geiseln — das wurde stark kritisiert, der Pressekodex später geändert. Die Polizei folgte den Geiselnehmern, griff aber lange nicht zu.
Als die Freundin Rösners gefasst wurde, drohten die Männer, eine Geisel zu erschießen. Weil die Freundin nicht schnell genug zurückgebracht wurde, erschoss Degowski einen 15-jährigen italienischen Jungen. Ein Polizist starb, als ein Polizeiauto bei der Verfolgung mit einem Lkw kollidierte. Als den Männern ein neues Fluchtauto gestellt wurde, ging es mit zwei jungen Frauen als Geiseln weiter. Mit ihnen kamen sie am Morgen des 18. August 1988 nach Wuppertal.
In einer Apotheke an der Berliner Straße besorgten sie sich kurz nach 9 Uhr Verbandszeug für eine ihrer beiden Geiseln. Dann bestellte Rösner in einer Bäckerei zehn belegte Brötchen. Die Verkäuferin erkannte ihn nicht — obwohl sein Gesicht seit zwei Tagen im Fernsehen zu sehen war. Die Pistole in seiner Hand hielt sie für einen Akkuschrauber. Kaffee wollte er auch, aber den gab es in der Bäckerei damals nicht.