Religion Gemarker Kirche in Wuppertal lädt zum Nachbarschaftsgespräch ein

Wuppertal · Die Erinnerung an die Barmer Theologische Erklärung vom 31. Mai 1934 soll belebt werden.

 Konstanze Kemmitzer (v.l.), Rektorin der Kirchlichen Hochschule, und Barbara Herfurth vom Evangelischen Kirchenkreis Wuppertal haben zum Gespräch über die sechs Thesen und das Bekenntnis zu Gott eingeladen.

Konstanze Kemmitzer (v.l.), Rektorin der Kirchlichen Hochschule, und Barbara Herfurth vom Evangelischen Kirchenkreis Wuppertal haben zum Gespräch über die sechs Thesen und das Bekenntnis zu Gott eingeladen.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Die Barmer Theologische Erklärung vom 31. Mai 1934 markiert einen historischen Einschnitt – und das weit über den deutschen Protestantismus hinaus. Mitglieder der Bekennenden Kirche wehrten sich damit gegen die Vereinnahmung ihres Christentums durch die Nationalsozialisten. Formuliert wurde die Erklärung in der Gemarker Kirche in Barmen. Dort trafen sich Ende Mai Vertreter fast aller deutschen Landeskirchen und stellten abschließend sechs Thesen auf, in denen sie ihr Bekenntnis zu Gott und den Grundwahrheiten des evangelischen Glaubens zum Ausdruck brachten.

Die Ausstellung zeigt die Zeit
von Reformation bis Gegenwart

Die Erinnerung an den Schlüsseltext beleben – auf dieses Ziel haben sich bereits 2021 der Evangelische Kirchenkreis Wuppertal und die Kirchliche Hochschule verständigt. Zum aktuellen Jahrestag der Barmer Theologischen Erklärung luden die beiden Kooperationspartner zu einem öffentlichen Nachbarschaftsgespräch in die Gemarker Kirche ein. „Wir haben so viele spannende Nachbarn“, betonte Veranstalterin Barbara Herfurth. Entsprechend groß sei die Motivation gewesen, lokale Vertreter aus Verwaltung, Wirtschaft, Bildung, Religion und Kultur ins Boot zu holen.

Bevor die „Nachbarn“ sich zusammensetzten, führte Herfurth sie durch die Dauerausstellung im Kirchengebäude. Denn innerhalb der Schau, die einen Bogen von der Reformation bis zur Gegenwart schlägt, spielt die Erklärung eine bedeutende Rolle.

Dass die Evangelische Kirche im Rheinland heute gesellschaftliche Verantwortung übernehme, habe ein Vorbild im Engagement der Bekennenden Kirche, so Herfurth. Zugleich sprach sie die Defizite der Erklärung an, die sich auf „innerkirchliche Angelegenheiten“ konzentriert habe. Die Verfolgung von Gewerkschaftern, Kommunisten und jüdischen Mitbürgern – seit 1933 unverhohlen von den Nationalsozialisten betrieben – finde im Text entsprechend keine Erwähnung.

Als Beispiel für den Bewusstseinswandel nannte Herfurth die Pläne der Kirche, auf dem Gelände des ehemaligen KZ Kemna einen „Ort der Erinnerung“ zu errichten – unter Berücksichtigung der Tatsache, dass damals evangelische Priester bemüht waren, Insassen des Konzentrationslagers zu „missionieren“. Eine Machbarkeitsstudie zum Erinnerungsort soll bis Ende des Jahres abgeschlossen sein.

Auf dem Podium fragte Herfurth ihre Gäste nach den Eindrücken, die die Ausstellung bei ihnen hinterlassen habe. Salvador Oberhaus, der sich mit der Konsumgenossenschaft „Vorwärts“ um eine historische Stätte in der Nähe kümmert, würdigte die Bekennende Kirche als eine „breite gesellschaftliche Bewegung gegen den Nationalsozialismus“. Der von den Kirchenmitgliedern praktizierte Widerstand – „selbst in Zeiten größter Repression“ – sei ebenso bedeutend wie ermunternd.

Thomas Helbig von der ISG Barmen-Werth ging auf die „multifunktionale Ausstellung“ ein, die mit der Kombination aus Bild- und Texttafeln, Klangbeispielen und Mitmachmöglichkeiten für Qualität bürge.

Mit der Jüdischen Kultusgemeinde sind Freundschaften entstanden

Sie schätze die Nachbarschaft zum Ort der Barmer Theologischen Erklärung, erklärte Jana Beck, die Geschichte am Gymnasium Sedansberg unterrichtet. Dass Schüler „die größte Besuchergruppe“ in der Kirchenausstellung stellten, sei ein positives Zeichen. Das große Potential der Schau betonte auch Suzan Öcal von der Stadt Wuppertal und sah die Möglichkeit, weitere Bildungsangebote vor Ort zu schaffen.

Als direkter Nachbar sprach Leonid Goldberg von der Jüdischen Kultusgemeinde. Er wisse nicht nur um „die Verdienste dieser Kirche“. Seit der Einweihung der Barmer Synagoge – ermöglicht durch eine Schenkung der Kirchengemeinde Gemarke – seien gute, dauerhafte Freundschaften entstanden. „Wir leben täglich miteinander“, resümierte Goldberg.

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