Gehörlose Wuppertalerin kandidiert für die Europa-Wahl

Christine Linnartz von den Grünen will ihre politischen Ziele in visueller Sprache umsetzen. Die langjährige Vizepräsidentin des Gehörlosenbundes will ein Zeichen setzen.

Gehörlose Wuppertalerin kandidiert für die Europa-Wahl
Foto: Stefan Fries

Christine Linnartz ist die erste Wuppertaler Kandidatin der Grünen für das Europaparlament. Zugleich ist sie aber auch die erste gehörlose Kandidatin, die in ihrer Partei Bündnis 90 /Die Grünen einen Listenplatz für die EU-Wahl ergattert hat. Die langjährige Vizepräsidentin des Deutschen Gehörlosenbunds fokussiert ihre politischen Ambitionen nun auf europäischer Ebene. Aber nicht wegen, sondern trotz ihrer Gehörlosigkeit.

Wofür möchten Sie sich im Europaparlament einsetzen?

Linnartz: Dadurch, dass ich gehörlos bin, vermuten mich natürlich immer alle in der Behindertenpolitik. Aber darauf möchte ich nicht reduziert werden. Mir liegen sehr viele, vor allem sozialpolitische Themen wie Diversity und Unterstützung von Minderheiten am Herzen. Außerdem möchte ich unbedingt den Bürgern in den Kommunen, also auch hier in Wuppertal klar machen, wie wichtig Europapolitik für sie ist und so auch die Beteiligung fördern.

Unterscheidet sich Ihre Politik von der Ihrer Kollegen?

Linnartz: Natürlich ist meine Politik anders. Man sagt ja oft, Politiker hören sich gern reden, das funktioniert bei mir schon mal nicht. Das heißt aber nicht, dass ich in einer Debatte nicht dazwischen gehen kann. Ich mache visuelle Politik und durch gute Gebärdensprachdolmetscher kann ich an Diskussionen problemlos teilnehmen. Natürlich ist das für alle eine Herausforderung. Jedoch werden in Gebärdensprache etwa Emotionen deutlich und ehrlicher transportiert.

Denken Sie, dass Inklusion in Deutschland verwirklicht ist?

Linnartz: Nein, da gibt es noch viel zu tun. In Skandinavien zum Beispiel ist das gar kein Thema, hier hingegen gibt es noch sehr große Denkbarrieren in den Köpfen der Menschen und auch Grenzen im Alltag. Ich möchte aber auch nicht „die Behinderten“ pauschalisieren, gerade dieses Denken in festen Gruppen ist ein Problem. Jeder Mensch ist anders und hat bestimmte Bedürfnisse und Probleme. Die Politik muss das erkennen und danach für alle Bürger handeln.

Was hoffen Sie bei der Europawahl zu erreichen?

Linnartz: Ich habe jetzt schon mehr erreicht als ich dachte. Als ich meine Bewerbungsrede für einen Listenplatz gehalten habe, haben danach alle Grünen in Gebärdensprache (Händewedeln) applaudiert, das war ein tolles Gefühl. Ich möchte mit meiner Kandidatur ein Zeichen setzen. Jetzt geht es darum, ob die Bürger mir zutrauen, dass ich sie gut vertreten kann.

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