Gedenkfeier auf jüdischem Friedhof am Weinberg

Bedrückende Worte und Betroffenheit über geschehenes Unrecht.

Wuppertal. Was am Samstag bei der Kundgebung an der Alten Freiheit, mitten im geschäftlichen Alltag, schwer zu vermitteln war, breitete sich bei der gestrigen Gedenkfeier auf dem Jüdischen Friedhof am Weinberg umso schwerer über den Versammelten aus: Die Betroffenheit über geschehenes Unrecht, das am 9. November 1938 mit der Reichspogromnacht begann.

Hatte vor vielen Jahren die erste Feier zu diesem Anlass keine zwei Dutzend Menschen angesprochen, so fanden sich am gestrigen Sonntag etwa 150 Teilnehmer vor der schlichten Gedenkstätte auf dem Friedhof ein. Leonid Goldberg, Vorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde Wuppertal, begrüßte dabei erstmals auch Vertreter muslimischer Gemeinden und erkannte dies mit großer Erleichterung an. „Wir sind hier in Wuppertal wie auch in Solingen und Remscheid in der glücklichen Lage, dass zwischen jüdischer und muslimischen Gemeinden ein weitaus besseres Verhältnis besteht als in anderen Städten Deutschlands.“

Weitaus kritischer betrachtete Goldberg die überregionalen und internationalen Entwicklungen. Rechte Gewalttaten seien dramatisch angestiegen, die Polizeigewerkschaft rechne mit weiterem Zuwachs. Vor zwei Jahren habe man ebenfalls im November erstmals erfahren, dass unter den Neonazis auch Mörder seien. Es sei ein ständig wachsender Antisemitismus zu verzeichnen, in der islamischen, aber auch in der linken Szene, in der es angeblich für den Kampf um die Menschenrechte gehe.

Goldberg bezog sich dabei vor allem auf die Haltung gegenüber dem Staat Israel. Die Europäische Gemeinschaft habe verfügt, das Gütesiegel „made in Israel“ nur noch für Waren zuzulassen, die innerhalb der israelischen Grenzen aus der Zeit vor 1967 gefertigt wurden. Das erinnere ihn an die nationalsozialistische Parole „Kauft nicht bei Juden“.

Überhaupt finde er die Haltung der Europäischen Gemeinschaft gegenüber Israel merkwürdig. Während etwa die Bundesregierung schnell und vernünftig auf den jüdischen Beschneidungsritus reagiert habe, sei der Europarat in dieser Frage nicht besonnen gewesen.

Nach den schweren Worten klarte der Himmel auf, um wie bestellt Sonnenlicht auf die abschließende Kranzniederlegung durchzulassen.

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