„out and about – Kunst geht raus“ Temporäre Galerie: Kunst kommt zum Menschen

Wenn die Menschen nicht zur Kunst kommen, kommt die Kunst eben zu den Menschen. Eine schlichte Erkenntnis, die vier Wuppertaler Kunstschaffende seit diesem Monat in die Tat umsetzen. Ihre temporäre Gallery „Out and about – Kunst geht raus“ bereichert die Stadt mit 16 plakatgroßen Werken an sieben Standorten.

 „Hopper revisited“ von Frank N (l.) setzt sich mit Edward Hoppers berühmtem Bild „Nighthawks“ auseinander. In Plakatgröße ist es derzeit in der Stadt zu sehen. Auch Sabine Bohn, Birgit Pardun und Andreas Komotzki (v.r.) zeigen ihre Bilder in der Ausstellung im öffentlichen Raum.

„Hopper revisited“ von Frank N (l.) setzt sich mit Edward Hoppers berühmtem Bild „Nighthawks“ auseinander. In Plakatgröße ist es derzeit in der Stadt zu sehen. Auch Sabine Bohn, Birgit Pardun und Andreas Komotzki (v.r.) zeigen ihre Bilder in der Ausstellung im öffentlichen Raum.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Die Ausstellung setzt Akzente im Stadtbild, lädt zur Auseinandersetzung mit Kunst im öffentlichen Raum ein. Die Reaktivierung einer alten Präsentationsform erlaubt Kunsterlebnis auf analoge Art und damit mehr als alle virtuellen Angebote ermöglichen können, betont das Quartett.

Kunst auf Plakaten im öffentlichen Raum gibt es überall auf der Welt, in Los Angeles genauso wie in Bielefeld, wo die Plakartive im Zweijahresrhythmus Kunst und Betrachter ohne räumliche Begrenzung direkt aufeinandertreffen lässt. Eine Idee, die den Wuppertaler Fotokünstler Frank N schon lange reizt, die Coronakrise ließ ihn nun zur Tat schreiten. „Ich dachte, wann, wenn nicht jetzt. Die Kunst ist ja nicht weg, sie wird immer da sein.“ Von wegen: Coronazeit ist kunstfreie Zeit.

Gemeinsam mit den Malerinnen Birgit Pardun und Sabine Bohn sowie dem Fotokünstler Andreas Komotzki ging er ans Werk. Der Außenwerbungsvermarkter Ströer wurde ihr Partner, er stellte einige unbespielte Plakatwände kostenlos zur Verfügung, auf denen in „normalen“ Zeiten für Kunstveranstaltungen geworben wird. Allein die technische Umsetzung, vom Großdruck der Kunstwerke bis zum Plakatieren mussten die vier bezahlen. Zunächst suchte Frank N sieben Standorte im Stadtgebiet aus, die mal nur eine (Ecke Uellendahler/Eckernförder Straße; Luisenstraße; Arrenberger Straße; Wolkenburg/Bendahler Straße), mal zwei (Kaiserstraße/ Schwebebahnstation Bruch), mal drei (Sonnborner Straße/Zoo-Schwebebahnstation) und mal sieben Plakatflächen (unter der Legobrücke) bieten.

Die Auswahl der Ausstellungsstücke traf jeder für sich, die Idee, ein Bild vor Ort live zu schaffen, verwarf Birgit Pardun wegen der schwierig, weil groß und vertikal zu bemalenden Fläche wieder. Frank N wiederum löste sich von dem Gedanken, die Coronakrise selbst zum Thema zu machen, denn „wir wollen ihr etwas entgegensetzen, zeigen: Wir sind da.“ Außerdem, so Pardun, stelle die Kunst, indem sie sich mit der Verantwortung des Menschen in der Gesellschaft beschäftige, eh Fragen, die in der Krise aktueller seien denn je.

Schwieriger gestaltete sich die Kombination der Werke. „In einer Galerie hat jedes Bild seinen Platz, hier klatschen die Bilder direkt aufeinander“, erklärt Pardun, die im Vorfeld die Werke zu Fotomontagen verband und so das Zusammenwirken testete. Die Abstimmung des Quartetts verlief gleichwohl reibungslos.

Farbflash für die Fahrgäste
der Schwebebahn

An der Wolkenburg fügt sich ein schwarz-weißes Solitär wunderbar ein, an der Sonnborner Straße steht ein buntes, in sich stimmiges Trio, ein „Farbflash“, den die Fahrgäste der Schwebebahn von oben herab genießen können. Während Autofahrer vielleicht achtlos vorbeifahren und Radfahrer wiederum aufmerksam werden, wenn der Blick von Zigarettenwerbung zu Kunst wandert, bewusst anhalten und so auf den Geschmack des Kunsterlebnisses kommen. Mit Hilfe eines QR-Codes können sie Näheres über die einzelnen Bilder im Netz erfahren, wo alle Arbeiten und ihre Standorte vermerkt sind.

Erst wenige Tage hängen die „Plakate“, die Resonanz aber ist schon enorm. Reicht von zahlreichen Likes bei Facebook über anerkennende E-Mails an die Künstler bis hin zu direkten Anfragen zum Mitmachen. Weshalb über eine zeitliche Erweiterung und eine Vergrößerung des Ausstellungsteams nachgedacht wird. Wenn Bilder auf diesem Weg verkauft werden, geht ein Teil an „EinTopf“, den Solidarfonds, den Wuppertaler Kulturchaffende für Wuppertaler Kulturschaffende ins Leben gerufen haben. Denn die, so Frank N, würden bei den ausgelobten Soforthilfen leer ausgehen.

Womit die Aktion wieder bei ihrem Auslöser angekommen ist, der Coronakrise, die eben nicht das Ende der Kunst sei, sondern diese dazu bringe lauter zu werden, so Frank N. Oder einfach weiter zu machen, weil Künstler Kunst machen, „egal ob Corona oder Weltuntergang drohen“, so Pardun.

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