Offen gesagt Freude ist erlaubt

Wuppertal. Der Stadtrat hat es getan. Die Mandatsträger ließen am Montag einen Plan passieren, der das gesamte Konzept „Neuer Döppersberg“ infrage stellen kann. Die Stadt Wuppertal wird ein neues Café für Drogen- und Alkoholabhängige bauen.

Offen gesagt: Freude ist erlaubt
Foto: Schwartz, Anna (as)

Das ist zunächst einmal eine gute Nachricht. Die schlechte Nachricht ist der Standort. Sozialdezernent Stefan Kühn hat sich ohne nennenswerten Widerstand mit der Meinung durchgesetzt, dass dieses Café in der Nähe des bisherigen Standortes entstehen muss. Bisher treffen sich die Süchtigen im Köbo-Haus. Doch das wird im Zuge der Arbeiten am Döppersberg saniert. Deshalb entsteht das Neue keine 150 Meter weiter Richtung Morianstraße im sogenannten Wupperpark Ost. Es wird genau zwischen das Primark-Gebäude und die Wupper neben den Infopavillon und den Kulturticket-Verkauf der Stadt gebaut. Warum? Weil Kühn sagt, die Drogenszene akzeptiere nicht, verlagert zu werden.

Deshalb müssen nun alle nicht drogensüchtigen Wuppertaler akzeptieren, Tag und Nacht im neuen Zentrum von Elberfeld, von Wuppertal mit Drogensüchtigen und Alkoholikern konfrontiert zu werden, mit der (sicher meist unbegründeten) Angst, belästigt oder beleidigt zu werden. Neben der Ignoranz von Stadtverwaltern verbirgt sich hinter diesem seltsamen Plan womöglich die Idee, eine Art Drogenkonsumzentrum zu schaffen. Denn während auch am neuen Döppersberg künftig gedrückt wird, gibt es in ein paar Metern Entfernung an der Hofaue das Rauschgift dazu. Das ist umso komfortabler, als es keine Polizeiwache mehr in unmittelbarer Nähe gibt. So erzeugt die Stadt Wuppertal auf Geheiß des Sozialdezernenten und mit dem Segen eines lustlosen Stadtrates eine Art Drogenmeile. Dass dabei selbst die sonst so auf Recht und Ordnung pochende CDU mitmacht, sagt viel über den selbstverzwergten Mehrheitsbeschaffer der SPD im Stadtrat.

All das geschieht ausgerechnet dort, wo voraussichtlich bis Ende des nächsten Jahres weit mehr als 300 Millionen staatlicher und privater Euro investiert worden sind, um Wuppertal den Anschein eines modernen Oberzentrums zu geben. Möglicherweise hat Kühn, der obendrein Schuldezernent ist, dabei ja auch Brachialpädagogik im Sinn. Denn während die Halbwüchsigen in Zukunft bei Primark billig shoppen, können sie auf dem Weg zur Kasse beobachten, was geschieht, wenn sie vom Pfade der Tugend abkommen. Süchtigen ist ihr Elend meistens von weitem anzusehen.

Das alles mag komisch klingen, ist so aber nicht gemeint. Dazu ist die Sache viel zu ernst. Selbstverständlich hat Wuppertal und haben möglichst alle Wuppertaler den armen Teufeln zu helfen, die morgens nicht wissen, wie sie den Abend erreichen sollen. Selbstverständlich brauchen diese Menschen einen Anlaufpunkt. Aber es ist nicht unmenschlich, wenn die Mehrheit einer Stadtgesellschaft der Minderheit erklärt, wo das Hilfsangebot gemacht wird. Es ist bestimmt nicht unsozial, darauf zu pochen, dass diese Hilfe dann dort auch in Anspruch zu nehmen ist. Und letztlich ist es auch nicht verboten, in einer Stadt ein Gebiet einzurichten, in dem sich ganz normale Menschen ganz normal bewegen können, einkaufen, flanieren, in Straßencafés sitzen, der Schwebebahn nachschauen, den Anblick von Bundesbahndirektion und Hauptbahnhof genießen, ohne andauernd daran erinnert zu werden, dass es in einer Gesellschaft auch tragische Figuren gibt, Verlierer, die der Hilfe bedürfen. Das hat Wuppertal schließlich noch nie vergessen. Wird es auch nicht.

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