Freiwillige statt Zivis: „Das wird ein Riesenproblem“

Sowohl Vereine als auch soziale Träger fürchten, dass der Wegfall des Zivildienstes in Wuppertal kaum zu verkraften sein wird.

Wuppertal. Sie kümmern sich um Kranke, pflegen ältere Menschen und unterstützen Ehrenamtler: Zivildienstleistende verstärken auch in Wuppertal die Arbeit in Altenheimen, Krankenhäusern und vielen sozialen Einrichtungen. Noch. Denn wie berichtet, will die schwarz-gelbe Koalition nach der angekündigten Aussetzung der Wehrpflicht einen sogenannten Bundesfreiwilligendienst installieren.

Das neue Konzept, das am 1. Juli 2011 eingeführt wird, soll den Zivildienst ablösen und das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) und Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) ergänzen. „Das wird ein Riesenproblem“, sagt Evelyn Vieweger, Diakonie Wuppertal. Sie betreut die rund 30 Zivis in den angeschlossenen Einrichtungen und ist skeptisch: „Es dürfte sehr schwierig sein, den gegenwärtigen Standard aufrechtzuerhalten. Mit dem Freiwilligendienst allein können wir das nicht auffangen.“

Die Entscheidung sei insbesondere für die Altenpflege folgenreich: „Zivis machen mit den Senioren Spaziergänge, erledigen Botengänge.“ Sie hörten zu und seien sind für die alten und oft einsamen Menschen oft wichtige Ansprechpartner: „Ohne die jungen Leute lassen sich die wichtigen zwischenmenschlichen Kontakte kaum aufrecht erhalten.“ Und wie kann es weitergehen? „Einige Einrichtungen werden auf das Freiwillige Soziale Jahr setzen, andere den Einsatz von Praktikanten verstärken“, sagt Vieweger. „Ob das ausreicht, ist zu bezweifeln.“

Auch die Caritas ist nicht glücklich über die angekündigte Änderung: „Der Wegfall reißt ein erhebliches Loch in die Arbeit unserer Dienste und Einrichtungen“, sagt Caritasdirektor Christoph Humburg. Man müsse nun alternative Lösungen finden. Vorstellbar sei beispielsweise, das Freiwillige Soziale Jahr auszubauen oder umzugestalten. „Sinnvoll wäre aber in jedem Fall ein einheitliches System“, sagt Humburg.

Doch nicht nur bei der Arbeit mit Kranken und Alten könnte der der Wegfall von Zivildienststellen Probleme bereiten: Beim Vohwinkeler STV, einem der größten Sportvereine Wuppertals, sind in diesem Jahr zwei junge Leute im Rahmen ihres Ersatzdienstes beschäftigt. Sie kümmern sich um Grundschüler, beispielsweise von der Yorckstraße, und helfen dabei, den Offenen Ganztag zu gestalten.

Ohne sie ließe sich diese Arbeit kaum aufrechterhalten, sagt Mathias Conrads, Vorsitzender des Vohwinkeler STV, zur Abschaffung des bestehenden Systems: „Die sportliche Betreuung der Grundschüler wird damit in Frage gestellt.“ Man sei im Verein stolz darauf, fast 50 Prozent junge Leute zu haben: ,„Unser Hauptaugenmerk sind die Jugendlichen — und die gewinnt man nur, in dem man in die Schulen geht.“

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