Freies Netz Werk Kultur Zeit für Zukunftskunst

Uta Atzpodien übers Forschen, Fragen und Fordern.

 Uta Atzpodien vom Freien Netzwerk Kultur.  Archivfoto: Andreas Fischer

Uta Atzpodien vom Freien Netzwerk Kultur. Archivfoto: Andreas Fischer

Foto: Fischer, A. (f22)/Fischer, Andreas (f22)

„Hast Du Dich heute schon geärgert … Hast Du Dich wieder gefragt, warum keiner etwas unternimmt“, singen „Die Ärzte“. Ihr 2004er Song ist in der letzten Zeit häufiger zu hören. Das erzählt mir ein wacher Beobachter, als ich – scheinbar umsonst – für eine Kontrolluntersuchung im Krankenhaus sitze. Ein eingespannter und zugleich aufmerksamer Arzt nimmt sich die Zeit, weist mich auf Unstimmigkeiten hin. Er empfiehlt, die geplante strahlenbelastende Untersuchung erstmal abzusagen, gemeinsam zu recherchieren, ob sie wirklich notwendig sei.

„Du musst nicht akzeptieren, was Dir nicht passt, Wenn Du Deinen Kopf nicht nur zum Tragen einer Mütze hast“, singt die Band weiter. 50 000 Menschen waren am Hambacher Forst vergangenes Wochenende, gegen die Braunkohle und für den Wald. Sie, wie auch „Die Ärzte“, der Arzt und auch wir vom Freien Netz Werk Kultur orientieren uns an der Zukunft und ermuntern, zu forschen, zu fragen, zu fordern.

„Die Kunst kann mehr“, sagte mir gestern der in Bonn lebende und gebürtige Wuppertaler Performancekünstler Daniel Hoernemann. „Sie wird zu wenig wertgeschätzt.“ In unserem Opernfoyer vor einer Woche geschah hierzu ungewöhnlich Zukunftsweisendes, als Uwe Schneidewind für das Wuppertal Institut ein neues Kursbuch präsentierte: „Die große Transformation. Eine Einführung in die Kunst gesellschaftlichen Wandels“. Mit einem Musikbeitrag von John Cage zu Beginn nahm der Opernintendant Berthold Schneider die Stimmenvielfalt der Podiumsdiskussion voraus, die in mir mit ihren sanften Grenzüberschreitungen und der (konstruktiven) Kritik noch nachklingt. Ohne Frage machte der Abend dem „Wuppertaler Transformationsmodell als Kompass für die Zukunftskunst“ volle Ehre. Er glänzte durch Eigenart und Mut seiner Pioniere: Für einen Monat werden auf Einladung vom Opernintendanten Berthold Schneider beide, er und der Präsident vom Wuppertal Institut, Uwe Schneidewind, ihre Bürostühle tauschen. Was das de facto bedeuten wird, weiß noch keiner genau. Wie im gleichnamigen Landesministerium kommen Kunst und Wissenschaft zusammen. Hier treffen sie aufeinander, tauschen sich aus, bewegen und verändern etwas.

Die Kuratorin der Ausstellung „Zur Nachahmung empfohlen! Expeditionen zu Ästhetik und Nachhaltigkeit“ und ehemalige Kultursenatorin Berlins, Adrienne Göhler, warnte aus eigener Erfahrung in der Politik vor Deklarieren von fehlender Zuständigkeit. Sie appellierte daran, für die Zukunftskunst die Künstlerinnen und Künstler samt ihrer Expertise noch offensiver zu berücksichtigen, möglichst für alle mit bedingungslosen Grundeinkommen.

Ebenso begeistert wie bedacht, bleibt zu erforschen, was Zukunftskunst konkret ist und im Alltag sein kann. Entschleunigung ist gefragt. Ja, ich nehme sie mir, die Zeit für Zukunftskunst. „Die große Transformation“ orientiert als Lektüre. Ganz praktisch tut dies die Kunst, wenn sie komplexe Zusammenhänge ganzheitlich in eine Form bringt und spielerisch spürbar macht. Welche Ansätze es im Tal gibt, das wird jetzt am Wochenende mit Fachleuten von hier und auswärts Thema der diesjährigen „Bergischen Klimagespräche“ sein, mit Expeditionen zu „Kunst, Kultur und Transformation“ durch ganz Wuppertal. Langer Atem ist gefragt: „Es ist nicht Deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist. Es wär’ nur Deine Schuld, wenn sie so bleibt. Glaub keinem, der Dir sagt, dass Du nichts verändern kannst.“ Musik und ihre Texte ermuntern so wunderbar.

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