Kolumne Wir schaffen eine Insel

Torsten Krug vom Freien Netzwerk Kultur über die Gründung eines neuen Kulturvereins.

 Torsten Krug.

Torsten Krug.

Foto: Fischer, A. (f22)/Fischer, Andreas (f22)

Wir befinden uns im Hinterzimmer eines der traditionsreichsten Kulturorte Wuppertals. Die Beleuchtung ist schummrig. Um eine lange Tafel versammeln sich Akteurinnen und Akteure der Wuppertaler Kunst- und Kulturszene, ein Rechtsanwalt, ein Unternehmer, eine Rentnerin. Uns alle vereint in diesem Moment ein gemeinsames Ziel. Und so klingt es an, dieses altmodische Wort, vor dem mich Ältere einmal warnten, sind doch die Menschen so kompliziert – im Verein.

Das Café Ada, im Herzen Wuppertals, steht seit gut 30 Jahren für Jazz, Tanz, Performance und Haltung. Es ist ein Ort, der viele Aspekte unserer Kulturlandschaft repräsentiert: schon immer war er interdisziplinär, vielstimmig, multikulturell, integrativ, verbindet er Jung und Alt. Lange Zeit galt er als Wohnzimmer des Pina-Bausch-Ensembles, das nach Vorstellungen stets dort auflief, um bis in die Morgenstunden weiter zu tanzen. Während das eigentliche Café im Erdgeschoss in den letzten Jahren präsent blieb, täglich seine Gäste empfängt und verzaubert, ist es kein Geheimnis, dass die Kulturarbeit im Ada, ursprünglich geleistet von Mare e.V., seit längerem brach liegt. Fast ist es ein Wunder, wie viel sich noch ohne ihn und mithilfe eines Fördervereins weiter am Leben hielt: Wuppertals renommierte Jazz-Session, Ausstellungen, Tango- und Salsa-Salons, Literatur auf der Insel. Es war höchste Zeit, sich dieses kostbaren Ortes anzunehmen und ihn neu zu beleben.

Über ein Jahr lang versammelten sich Künstlerinnen und Künstler sowie Menschen unterschiedlichster Berufe in loser Folge, um über einen Neustart der Kulturarbeit im Ada nachzudenken. Mehmet Dok, Herz des Ada und Gastronom, hat viel zu erzählen. Unter anderem, wie Pina Bausch, Peter Kowald, einige andere und er einmal den Plan fassten, das ganze Gebäude zu kaufen und dort eine Produktionsstätte für Tanz, Theater, Musik und Performance aufzubauen. Daraus ist nichts geworden. Jetzt, nach dem kürzlichen Aufkauf des Gebäudes durch ein Investoren-Ehepaar, könnte eben diese Vision wahr werden: eine Spiel- und Produktionsstätte für die Wuppertaler Kunst- und Kulturszene, eine Insel für Ensembles aus aller Welt und aus unserer Stadt.

Ada bedeutet Insel. Letzte Woche hat sich der neue Kulturverein Insel mit zahlreichen Gründungsmitgliedern gegründet. Seine Weiterentwicklung und Professionalisierung laufen auf Hochtouren. Ein stetig wachsendes Kollektiv hat die Arbeit aufgenommen. Dies ist auch der impulsgebenden Kraft des Freien netzwerkes Kultur zu verdanken. Einige seiner Mitglieder finden sich im erweiterten Vorstand des neuen Vereins.

„No man is an island“, schrieb der barocke Dichter John Donne, „Niemand ist eine Insel / in sich ein Ganzes. / Jeder Mensch ist ein Stück des Kontinents, / ein Teil des Festlands.“ Seit vergangener Woche vereint unterschiedlichste Menschen ein Ziel. Ein monatlicher Jour fixe, Arbeitskreise und ein geplantes Probewohnen werden den Impuls weitertragen. Möglichkeiten, dazuzustoßen, bietet in Zukunft jeden ersten Dienstag im Monat die Insel-Landung: Mitglieder des Vorstands erzählen, wer wir sind, was wir wollen, was bisher geschah – und hören jenen zu, die da landen. Niemand ist eine Insel. Doch gemeinsam gründen wir eine.

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