Wuppertal Familien-Zoff um Tablet und Co.

Experte Achim Schad sprach über Kinder und neue Medien.

Das Tablet ist aus dem Klassenzimmer nicht mehr wegzudenken. Experte Achim Schad sieht den „digitalen Unterricht“ kritisch.  Foto: dpa

Das Tablet ist aus dem Klassenzimmer nicht mehr wegzudenken. Experte Achim Schad sieht den „digitalen Unterricht“ kritisch. Foto: dpa

Foto: Bernd Thissen

Es war ein Zufall, aber es passte gut zusammen: Während der Deutsche Lehrerverband letzte Woche ein Handyverbot für Schüler unter 14 Jahren forderte, hielt Achim Schad in der Sophienkirche einen Vortrag zur „Kindheit im Zeitalter elektronischer Medien“. Ähnlich kritisch wie Smartphones im Klassenzimmer sah der Wuppertaler Familientherapeut den computergestützten „Digitalen Unterricht“. „Es gibt viele Untersuchungen, die zeigen, dass der Umfang dieser Mediennutzung nicht viel bringt.“ Der Lernstoff präge sich im Gespräch mit Lehrern und Mitschülern viel besser ein.

Im Mittelpunkt des Vortrags aber stand der private Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen. Das Thema, erklärte Schad, spiele mittlerweile bei den meisten Beratungsgesprächen in seiner psychologischen Praxis eine Rolle. Sein Ziel ist es, das Selbstbewusstsein der Eltern zu stärken – für den Fall, dass Handy und Computer zum Zankapfel werden. Wer hier denn Kinder hätte, fragte Schad in die Runde. Fast die Hälfte der 50 Zuhörer hob die Hand.

Bildschirme ziehen die
kindliche Neugier an

Dass man die Kids nicht einfach machen lassen kann, weiß Schad, selber zweifacher Vater, aus eigener Erfahrung. Doch was löst überhaupt die „wahnsinnige Faszination“ für flimmernde Bildschirme aus? Schads Antwort: die kindliche Neugier. Den natürlichen Impuls, sich auf das Neue und Überraschende zu konzentrieren, habe bereits das Fernsehen „angezapft“. Darauf bauten auch die digitalen Medien.

Schad zählte die Folgen des übermäßigen Konsums auf: eine abnehmende Aufmerksamkeitsspanne, ein Mangel an Bewegung – und ein auffälliges Sozialverhalten. Als Therapeut hat er Jugendliche kennengelernt, die gewalttätig wurden, wenn Eltern das Handy einziehen wollten. Spätestens da ist für Schad die Grenze vom Konsum zur Sucht überschritten.

Das Publikum griff die Thesen des Vortrags dankbar auf. Eine Zuhörerin schlug vor, ein eigenes Handy erst ab 16 Jahren zu erlauben. Diese Entscheidung wollte Schad den Eltern überlassen. „Wenn Sie als Familie eine Linie ziehen wollen, müssen Sie absolut einer Meinung sein.“ Eine Mutter berichtete von der Schule ihrer Tochter: „Wer da kein Handy hat, bekommt nichts mit.“

Ein problematischer Zustand, fand Schad – und schlug vor, das Gespräch mit den Lehrern zu suchen. Einer anderen Mutter, die beruflich viel mit dem Smartphone erledigt, riet er zu handyfreien Zeiten. „Kinder sind erpicht auf ungeteilte Aufmerksamkeit“, stellte er fest.

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