Fahrrad-Stadt Wuppertal: Ein Selbstversuch auf zwei Rädern

Mit dem Fahrrad auf Wuppertals Straßen unterwegs zu sein, ist gar nicht so übel: Das erste Mal aus Sicht eines Anfängers.

Wuppertal. Am besten fährt man blau. Das macht Spaß, führt zum Ziel und ist vor allem sicher. Dabei auch noch herrlich entspannend. Wie bitte? Doch, doch: Blau ist bestens, und selbstverständlich geht es hier nicht um Alkohol. Die Rede ist von dem wunderbaren Straßenschild mit dem kleinen weißen Fahrrad auf blauem Grund. Wo immer es steht - oder liegt, aufgepinselt auf dem Asphalt - weist es eine Spur für Radler aus und kennzeichnet sie als Fahrradweg. Ja: auch und sogar in Wuppertal.

Die wichtigste zuerst: Man kann hier tatsächlich prima radeln. Und mit guter "blauer Führung" macht es sogar Spaß. Denn auf den Anfänger wirkt es beruhigend, wenn nicht ständig Fahrzeuge dicht an ihm vorbei zischen. Gern dabei noch beschleunigen oder, am allerbesten, vorsichtshalber hupen. Und natürlich ist es auch kein schönes Gefühl, als strampelndes Verkehrshindernis ständig Autofahrer zu behelligen.

Gut also, wenn jeder seine eigene Spur hat und in ihr leiden kann. Denn beim ersten Mal tut es noch weh. In den Oberschenkeln, zwischen den Schultern, einfach überall. Selbst das beste Fahrrad kann die Bergischen Berge nicht überfliegen. Wie hoch beispielsweise die Vohwinkeler Höhen verlaufen, macht erst eine Fahrradtour richtig klar. Und wer glaubt, die Steigung vom Wiedener Kreuz bis zum Abzweig Nathrather Straße sei keine, der ist jedenfalls kein Neuling.

Der Anfänger lernt sein blaues Verkehrszeichen schnell lieben und steht ohne Schild vor vielen Fragen: Darf man auf dem Bürgersteig radeln? Entgegen der Fahrtrichtung? Kann roten Ampeln "ausgewichen" werden? Natürlich nicht. Lernt man eigentlich auch alles in der Fahrschule. Doch das ist lange her und eine gewisse Unsicherheit durchaus vorhanden.

Die kann allerdings auch Charme haben. Denn im Gegensatz zu den Bewohnern von "Fahrradstädten" wie Münster oder Köln sind Wuppertals Verkehrsteilnehmer für den Fahrradfahrer mitunter angenehme Partner, die im Umgang miteinander Nachsicht zeigen: Auf dem Gehweg zu radeln, produziert in München fast sicher eine Schimpfkanonade, mindestens aber eine lautstarke Belehrung. An der Holsteiner Straße in Wuppertal staunt der Fahrer eines Lieferwagens zwar kurz, als ihm in der Einbahnstraße ein Fahrrad entgegen kommt. Aber mehr auch nicht.

Man toleriert sich, und das liegt sicher mit daran, dass die Zahl der Radler auf Wuppertals Straßen überschaubar ist. Auch das beruhigt den Anfänger.

Die vornehmste Beobachtung beim ersten Ausflug auf zwei Rädern führt im übrigen zu einer Erkenntnis, die mit Radlern überhaupt nichts zu tun hat, sondern mit Autofahrern. Denn man kann sie so gut beobachten, wie sie sitzen, in ihren Blechkarossen: träumend vor der Ampel, mit plärrendem Radio, rauchend, schnatternd, streitend. Sie zeigen sich, wie sie sind. Frech oder höflich, entspannt oder eilig, gesittet, geschminkt, geschmacklos.

Menschen in Autos - eine Welt für sich.

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