Enkel behindert: Oma darf nicht in Wohnung einziehen

Gisela Schmidt war sich mit der Vermieterin bereits einig. Doch dann kam die Absage, da ihr Enkel Autist ist.

Wuppertal. Auch nach einigen Tagen kann Gisela Schmidt noch nicht verstehen, was ihr da eigentlich passiert ist. Noch immer ist die 64-Jährige fassungslos, wie mit ihr und vor allem ihrem behinderten Enkel umgegangen wurde. „Wir hatten bislang nur Positives erlebt — überall wurden wir gut behandelt“, erinnert sich die Wuppertalerin, als stammten diese positiven Erlebnisse aus grauer Vorzeit.

Denn mit Verständnis und Toleranz war es am vergangenen Wochenende vorbei. Seitdem ihr die Vermieterin einer Wohnung in Heckinghausen mitteilte, dass sie nun doch nicht für die Wohnung in Frage kommt, versteht Gisela Schmidt die Welt nicht mehr. Eigentlich hatte sie sich während der Besichtigung blendend mit der Vermieterin verstanden und den Vertrag bereits mündlich vereinbart. Doch dann sagte ihr die 62-Jährige mit der Begründung ab, dass sie keine behinderten Kinder in ihrem Haus haben möchte.

Gemeint ist damit Gisela Schmidts Enkel, der 16-jährige Aaron. Aaron ist Autist, mit all den Begleiterscheinungen, die diese Entwicklungsstörung haben kann: Er kann nicht sprechen, hat eine gestörte Wahrnehmung und zerreißt sich ab und zu die Kleidung. Aber nicht, weil er aggressiv sei, sondern weil es ihm Spaß macht.

Für Familie Schmidt ist das Alltag. Sie kennt Aaron nicht anders. Natürlich gebe es manchmal irritierte Blicke anderer Menschen, wenn Aaron mit seiner Mutter Bianca Müller oder seinem Onkel unterwegs ist. „Uns stört das nicht. Wer gucken will, soll gucken. Wer fragen will, soll fragen“, sagt der.

Er war es, der der Vermieterin in einem vermeintlich abschließenden Gespräch in einem Nebensatz vom geistigbehinderten Enkel der zukünftigen Mieterin erzählte. Und wo sich eben noch nett unterhalten wurde, herrschte auf einmal Eiszeit. Man könne den anderen Mietern keinen behinderten Jungen zumuten, der ständig rumschreie. Selbst, wenn dieser nur zu Besuch komme. „Sie sehen ja an den Klingelschildern, dass hier auch keine Ausländer wohnen“, soll die Vermieterin, die trotz mehrmaligen Versuchs für die WZ nicht zu erreichen war, darüber hinaus gesagt haben.

Für Andreas Wiemann, Geschäftsführer und Rechtsberater beim Deutschen Mieterbund in Wuppertal, ist dieses Verhalten ein Skandal: „Niemand darf jemandem eine Wohnung aufgrund persönlicher Eigenschaften vorenthalten. Das Gleichbehandlungsgesetz regelt das eindeutig.“ Doch rechtlich möchte Schmidt gar nicht vorgehen: „Die könnten mir die Wohnung auch schenken. Da ziehe ich bestimmt nicht ein.“

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