Engpass beim Jugendamt: Keine Chance auf schnelle Hilfe

Väter oder Mütter, die einen Termin beim Jugendamt brauchen, müssen sich auf sehr lange Wartezeiten einstellen – zum Nachteil der Kinder. Bei einigen Beratungsdiensten muss laut Jugendamt eine monatelange Wartezeit in Kauf genommen werden.

<strong>Wuppertal. Markus S. (Name von der Redaktion geändert) kämpft seit Monaten um das Sorgerecht für seinen zweieinhalb Jahre alten Sohn. Vergangene Woche hat seine Exfrau ihm wiederholt das vereinbarte Umgangsrecht mit dem Kleinen verwehrt - er bekam seinen Sohn trotz gerichtlicher Einigung nicht zu Gesicht. In seiner Verzweiflung wandte Markus S. sich an den zuständigen Bezirkssozialdienst an der Uellendahler Straße und die Beratungsstelle der Diakonie - und wurde erneut enttäuscht. Beide Stellen für die Trennungs- und Scheidungsberatung sind für 14 Tage im Urlaub, einen alternativen Ansprechpartner konnte ihm keiner nennen. "Ich sollte mich an meinen Anwalt wenden", sagt der verzweifelte Vater. "Dabei bin ich darauf angewiesen, dass Jugendamt oder Beratungsstelle Gespräche mit der Mutter führen und sie auf mein Recht hinweisen."

"Aus Kapazitätsgründen sind zurzeit Wartezeiten von drei bis vier Monaten in Kauf zu nehmen."

Markus S., der seinen Namen nicht nennen möchte, weil er Angst vor Auseinandersetzungen mit seiner Exfrau und dem Jugendamt hat, ist kein Einzelfall. Wer auf die Hilfe von Jugendamt und Trennungs- und Scheidungsberatung angewiesen ist, braucht in Wuppertal vor allem eines: Geduld. In einem Schreiben des Jugendamtes an Eltern, das der WZ vorliegt und bei dem es um eine gerichtliche Umgangsregelung geht, heißt es lapidar: "Aus Kapazitätsgründen sind zurzeit bei folgenden Beratungsdiensten Wartezeiten von drei bis vier Monaten in Kauf zu nehmen: Sozialdienst Katholischer Frauen Barmen, Bezirkssozialdienst der Stadt Wuppertal. Auch Berichte des Jugendamtes in Familiensachen können sich laut eines Schreibens des Familiengerichts über Monate hinziehen.

"Man bekommt heute schneller einen Termin vor Gericht als einen Beratungstermin", sagt Paul Bludau, Verbandsvorsitzender des Elternverbands Bergisch Land, der mit einer Plakataktion auf die Missstände aufmerksam macht. Bei den Beratungsstellen seien Stellen abgebaut worden, so dass Rat suchende Mütter oder Väter im Notfall auf sich alleine gestellt seien.

"Ein Großteil der Fälle würden nicht bei Gericht landen, wenn vorher die Beratung gegeben wäre", kritisiert Bludau. "Das geht auch auf Kosten der Kinder."

Familiengerichtliche Verfahren haben bei der Diakonie Vorrang, in der Regel gibt es dort binnen zwei Wochen einen Termin. "Bei der freiwilligen Beratung sind die Wartezeiten länger, die sind nachrangig", sagt Margret Stobbe.

Das liegt auch daran, dass die Stellen im Bereich Trennung auf 3,5 Stellen gekürzt wurden. "In Absprache mit dem Jugendamt haben wir zwei Stellen zugunsten der erzieherischen Hilfe, wie etwa die Elternschule, verschoben", erklärt Ulrich Liebner von der Diakonie.

"An einigen Stellen gibt es Engpässe", bestätigt Jugendamtsleiter Dieter Verst auf WZ-Nachfrage. "Meistens wird es vor den Feiertagen kritisch, gerade in den Wochen vor Ostern oder Weihnachten."

Beratungsstellen: Neben den Bezirkssozialdiensten, der Diakonie und dem Sozialdienst Katholischer Frauen bieten auch die städtischen Familienberatungen in Barmen (Höhne 16, Telefon 563 - 63 54) und Elberfeld (Distelbeck 55, Telefon 563 25 82) Vätern und Müttern Hilfe an.

Kontakt: Über die Allgemeinen Beratungsmöglichkeiten von Eltern informiert Christa Geese von der Stadt unter Telefon 563 27 92.

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