Engels — die Stadt an der Wolga streckt ihre Fühler aus

In der russischen Stadt wächst das Interesse an einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Wuppertal.

Wuppertal/Engels. Wuppertal hat acht Partnerstädte: South Tyneside (England), Saint Etienne (Frankreich), Berlin Tempelhof-Schöneberg, Beer Sheva (Israel), Kosice (Slowakische Republik), Schwerin, Matagalpa (Nicaragua) und Liegnitz (Polen). Die Kulturbrücke Wuppertal-Engels hat zwar nicht den Status dieser offiziellen Städtepartnerschaften, doch den Austausch zwischen der Stadt an der Wupper und der Stadt an der Wolga scheint das nicht zu bremsen.

Im Gegenteil: Im Herbst soll die Tragfähigkeit der Kulturbrücke auch im Hinblick auf die Aufnahme wirtschaftlicher Beziehungen getestet werden. Das Interesse in Russland an einem Partner, einer Anlaufstelle in Deutschland scheint jedenfalls groß zu sein. „Vom 25. bis 30. September wird uns wieder eine Delegation aus Engels in Wuppertal besuchen. Im Vorfeld wurde an uns der Wunsch herangetragen, neben den kulturellen auch erstmals wirtschaftliche Themen für unsere Gäste ins Programm aufzunehmen“, sagt Günter Lesche. Acht Mitglieder aus Rat und Verwaltung des Kreises Engels werden unter anderem der Bergischen Industrie- und Handelskammer, der Sparkasse und der Stadt einen Besuch abstatten und sich — was sich vom Namen her anbietet — an der Friedrich-Engels-Allee über die Angebote der Wuppertaler Junior-Uni informieren.

Im April hatte Günter Lesche eine Wuppertaler Delegation in Engels angeführt. 3000 Flugkilometer trennen zwar beide Städte, aber es gibt auch kräftige gemeinsame Wurzeln über den Namen Engels hinaus, die weit in die Geschichte zurückreichen. So gilt Engels (ehemals Pokrowsk) als Metropole der Wolga-Deutschen, die dort zu Zeiten von Katharina der Großen angesiedelt wurden. „Die Gastfreundschaft in Engels ist überwältigend, viele Türen standen uns offen. In der Stadt ist Aufbruchstimmung zu verspüren. Engels hat sich in den vergangenen Jahren enorm entwickelt“, berichtet Günter Lesche, der vor der ersten offiziellen Reise als Konzertsänger im Auftrag des damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau die Kontakte knüpfte.

Der Wuppertaler Delegation im April gehörten neben dem „musikalischen Botschafter des Bergischen Landes“ Werner Schlesinger, Katja Uhl und Christina Münster (Johannes-Rau-Gymnasium), Andreas Rosenberg (Gesamtschule Langerfeld), Christoph Haacker (Armin T. Wegener-Gesellschaft) sowie Kerstin Volkmann, Irma Merkel und Hartwig Kolbe von der Kulturbrücke an. Den Wuppertalern gelang nach mehreren vergeblichen Anläufen auch das Gruppenfoto vor dem monumentalen Engels-Denkmal. Das eigentliche Wahrzeichen der Stadt ist allerdings die Statue eines springenden Bullen, der auf seinem Rücken eine Salzschüssel trägt. Engels galt früher als ein Zentrum der Salzgewinnung.

Pilgerfahrten zum Engels-Haus in Wuppertal, wie sie für chinesische Touristen attraktiv und obligatorisch sind, dürften für die Russen aus Engels zweitrangige Bedeutung haben. Hier geht der Blick nach vorne. „Die Zukunft der Kulturbrücke hängt von der Eigeninitiative und Motivation auf beiden Seiten ab“, betont Günter Lesche. Wobei er hofft, dass auch das Interesse der Wuppertaler Wirtschaft wächst und so die Tragfähigkeit der Kulturbrücke stärkt.

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