EM in Wuppertal: Ein Meer aus roten Trikots

Zur Übertragung des Spiels der Portugiesen gegen die Türkei kehrt in Wuppertal die ersehnte EM-Stimmung ein.

Wuppertal. Gähnende Leere im Wupperbeach. Das Brauhaus ist nur zu einem Viertel gefüllt. Die wenigsten schauen auf die Monitore, und auch im Luisenviertel ist’s eher gemütlich. Die paar Fußballgucker sitzen in kleinen Runden in den verschiedenen Kneipen beisammen. In der Innenstadt von Elberfeld ist nicht viel mehr los als gewöhnlich, obwohl überall die nagelneuen Flachbildschirme flimmern. Allerdings verraten zahlreiche umherfahrende Autos mit flatternden türkischen Fahnen: da kommt noch was.

Von "Rudelgucken" kann dennoch zunächst keine Rede sein. Eine seltsame Atmosphäre liegt in der Luft. Das Eröffnungsspiel am Samstag, Schweiz gegen Tschechien, ist nicht gerade der Kracher. Liegt es an der Schweiz? Der Gastgeber gilt nicht als Favorit und ernstzunehmenden Gegner.

Die Situation ändert sich gegen 20.45 Uhr, zum Anpfiff des Spiels Portugal - Türkei. Der Wupperbeach ist voll! 300 belegte Liegestühle erinnern an die Hochterassen der Schweizer Alpen mit Panorama-Blick - in diesem Fall nicht auf Berggipfel, sondern auf die überdimensionale Leinwand. Die Portugal-Fans sitzen abgeschottet in den beiden ersten Reihen.

Darauf folgt ein Meer aus roten Trikots. "Türkiye!", rufen die Fans. Auf einmal ist es da - das Fieber.

Alexander Steiner ist auch für die Türkei: "Das ist doch klar, wir sind mit türkischen Freunden da", sagt er. Gespannt verfolgen sie das Geschehen. Bei jeder Torgelegenheit raufen sich die Fans die Haare - die Portugiesen sind stark, keine Frage. Und dann - das erste Tor für Portugal! Die ersten Reihen springen auf, jubeln, Sekunden später steht auch der ganze Rest der "Wupperbeach-Belagerung" - Abseits! Es steht immer noch 0:0, die Erleichterung bei den Türken ist groß, alles ist offen, die Spannung wächst. Baris Kaplan ist überzeugt: "Wenn wir so weiter spielen, verlieren wir, die Portugiesen sind zu stark." Am Ende wird er recht haben.

Im Luisenviertel ist die Verteilung der türkischen und portugiesischen Anhänger ausgeglichen. Im Beatz und Kekse etwa schauen sie gemeinsam und bunt gemischt. Auf Sesseln und Stühlen, vereinzelt auch auf dem Boden kauernd, verfolgen sie das Spiel gelassen. Sebastian Prinz ist für Portugal: "Sie spielen einfach den ästhetischeren Fußball."

Auch das Kaffeehaus ist mittlerweile proppevoll. Sowohl im Biergarten als auch im Innenbereich warten alle relativ entspannt ab - das 1:0 in der 61. Minute hat die meisten in ihrer Annahme bestätigt, Portugal wird gewinnen. "Dann ersparen wir uns heute zumindest die Hup-Kolonnen", meint Harry Schlosser. Die Portugiesen sind nunmal weniger in der Stadt vertreten als die türkischen Landsleute. "Das ist nur die Ruhe vor dem Sturm - man darf gespannt sein, wie es Sonntag wird", lacht er.

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