Einsatz mit Herz bei „Ärzte ohne Grenzen“

Gudrun Jellinghaus bereist ferne Länder – aber nicht, um Urlaub zu machen. Sie versorgt Patienten in Krisengebieten.

Wuppertal. Sie war an der Elfenbeinküste, Sierra Leone, Uganda, Zentralafrika, Vietnam und in Sri Lanka. Keine dieser so exotisch anmutenden Gegenden besuchte Gudrun Jellinghaus, um dort vielleicht per Rucksack Land und Leute kennen zu lernen. Die Anästhesistin bereiste die Länder, um zu helfen. Sie ist für "Ärzte ohne Grenzen" im Einsatz. "In manchen der Länder war ich mehrfach", erzählt sie.

Gerade kommt sie von einem fünfmonatigen Aufenthalt aus Zentralafrika zurück. Seit Mitte 2006 leidet der Norden des Landes unter Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Rebellen. Auch die bewaffneten Konflikte in Tschad und Darfur greifen auf die Zentralafrikanische Republik über. "Im Gegensatz zu Naturkatastrophen ist die Katastrophe Mensch schwierig und langwierig in den Griff zu bekommen", bemerkt Gudrun Jellinghaus traurig. Eigentlich steht "Ärzte ohne Grenzen" für Notfalleinätze. "Das Problem ist zu definieren, wann ein Notfall aufhört."

Die medizinische Versorgung der Bevölkerung ist noch immer schlecht. Bei ihrem Einsatz jetzt hat sie lokale Mitarbeiter als Anästhesisten und der Notfallmedizin ausgebildet und in der Geburtshilfe mitgewirkt. "Wir versuchen, aus- und weiterzubilden, damit die von uns gut ausgerüsteten Stellen weitergeführt werden können." Heilende Hände und guter Willen allein genügen bei diesem Job nicht. Wenn, wie sie es in Sri Lanka erlebt hat, "Schulbusse oder Tempel vermint werden und Kinder in die Luft gesprengt werden, ist das emotional harte Arbeit".

Diese grausamen Bilder kann die Wahl-Wuppertalerin, die 1970 als junge Ärztin ins Tal kam, nun seit zwei Jahren Pensionärin ist und schon zu Berufszeiten den Großteil ihres Urlaubs für Einsätze in den Krisengebieten dieser Welt investierte, nicht vergessen. Auch nicht die Kindersoldaten an der Elfenbeinküste, "eines der schlimmsten Verbrechen. Da könnten mir heute noch die Tränen kommen." Und die mangelnden Schul- und Ausbildungsmöglichkeiten in diesen Ländern bereiten ihr "schrecklichen Kummer".

Trotz dieser Erfahrungen und des körperlich stressigen Programms, was vor Ort zu absolvieren ist ("Der Tag beginnt morgens um 6 Uhr. Am Tag machen wir acht Eingriffe - ohne das ganze medizinische hochtechnologische Equipment, das in Westeuropa Standard ist"), leuchten die bauen Augen der Ärztin vor Glück, wenn sie von ihren Einsätzen berichtet. "Das ist nie ein Opfer. Wir bekommen so viel von den Menschen zurück."

Regelrecht ins Schwärmen gerät sie wenn sie von den "wunderschönen Mangobäumen" erzählt, die die Hauptstraßen Banguis säumen, der Warmherzigkeit der Afrikaner ("Afrikanerinnen sind die Heldinnen der Welt. Es ist unglaublich, was diese Frauen leisten."), ihrer Wissbegierigkeit und Herzlichkeit ("nachdem wir im Gottesdienst ein Lied mitgesungen haben, sind wir direkt zu Ehrenmitgliedern des Chors ernannt worden"). "Und es ist Arbeit, die notwendig ist. Ich arbeite so gerne im Team." Nein, gibt sie zu, "ich verändere die Welt nicht. Es mag sein, dass diese Einsätze bloß ein Tropfen auf den heißen Stein sind".

Dann zitiert sie Mutter Theresa: "Das Meer besteht nur aus Tropfen". Bis Frühjahr 2009 will Gudrun Jellinghaus nun ihre Familien mit Kindern, Nichten, Neffen und Enkelkindern ebenso wie ihre Freunde genießen. Dann ist die Ärztin bereit für einen neuen Einsatz.

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