Eine Hommage an Höllerhagen: Es lebe der Jazz

Heiner Bontrup und Ernst Dieter Fränzel erzählen „Die Ernst Höllerhagen Story“. Ihr Buch wird am 18. März vorgestellt.

Wuppertal. „Sind Sie Nationalsozialist?“ — „Nein, ich bin Saxophonist.“ Es sind kurze Dialoge wie diese, die auf lange Sicht Eindruck hinterlassen — weil sie deutlich machen, wie Ernst Höllerhagen wirklich war: voller Leidenschaft für die Musik, aber auch auf der Hut vor den Nationalsozialisten. Höllerhagen (1912-1956) galt nicht nur als eines der größten Ausnahmetalente des deutschen Jazz, er war auch „ein Barmer Junge“, wie Verleger Alfred Miersch betont. „Er war kein vergeistigter Typ, sondern eine Sportskanone.“ Ein begeisterter Fußballspieler, Eishockey-Experte und Ski-Fan.

Weshalb es dem Wuppertaler Verleger auch um die sportliche Seite des Multi-Instrumentalisten geht? Weil sich in der Neuerscheinung des Nordpark Verlags vieles, aber längst nicht alles um den Jazz dreht: Heiner Bontrup und Ernst Dieter Fränzel erzählen „Die Ernst Höllerhagen Story“ aus menschlicher Sicht.

Das Duo hat 110 Seiten ansprechend durchkomponiert: Herausgekommen ist eine lesenswerte Mischung aus Fakten, Fotos und Anekdoten. Zwei Jahre lang haben Bontrup und Frenzel recherchiert, Zeitzeugen befragt und die Lebensgeschichte des Musikers rekonstruiert.

Ernst Höllerhagen , der den Zweiten Weltkrieg vom Schweizerischen Exil aus verfolgte, über sein musikalisches Vorbild, den jüdischen Swing-Star Benny Goodma-n.

Nun feiern sie die Wiederentdeckung der Swing-Legende mit einer Monographie, die am 18. März im Historischen Zentrum vorgestellt wird. Das Literatur-Text-Konzert, das um 20 Uhr beginnt, wird eine Zeitreise — ein Trip in die Vergangenheit, in der Höllerhagen als „europäischer King of Swing“ bejubelt wurde. Das Buch indes soll ein Paukenschlag sein — ein Aufbruch in eine neue Zeit, in der der Klarinettist, der heute (fast) vergessen ist, wieder zu neuen Ehren gelangen soll.

Die Chancen dafür sind bestens, immerhin haben die Autoren die erste umfassende Höllerhagen-Diskographie erarbeitet. Dennoch ist ihr Buch nicht allein etwas für Jazz-Enthusiasten: Die Lebensgeschichte spiegelt nicht nur ein gutes Stück Wuppertaler Jazzgeschichte, sondern entführt den Leser auch in die „goldenen 20er Jahre“, in denen die Swing-Musik eine Blütezeit erlebte.

Die Biographie berührt, weil sie einen Bogen zwischen musikalischen Höhenflügen und privaten Abstürzen spannt. „Lieber mit Goodmans Musik sterben als mit Marschmusik leben“, hat Höllerhagen gesagt, als er sich entschloss, ins Schweizer Exil zu gehen. Seine wahre Heimat war der Jazz. Da passte es bestens, dass er in der Alpenregion Hazy Osterwald traf. Der Schweizer und der Barmer wurden Bandkollegen — und unzertrennliche Freunde. „Er war stets zur Stelle, nie launisch, nie unzuverlässig, er stand immer auf seinem Posten“, erinnert sich der Entertainer.

Osterwald war es auch, der 1956 Alarm schlug, als sein Freund, der sonst immer der Erste war, nicht zu einer Probe erschien. Wenig später wurde er gefunden: Er hatte sich auf der Toilette erhängt. Weshalb? Die Autoren können nur spekulieren: Während Höllerhagen wegen seiner nach außen getragenen Fröhlichkeit beliebt war, hatte er innerlich zu kämpfen, litt an Depressionen und hatte Alkoholprobleme. Seine Frau verließ ihn und ging mit der Tochter in die USA. Hinzu kamen gesundheitliche Sorgen. Tragisch ist aus Wuppertaler Sicht auch dies: „Sein Talent hat ihn früh aus Wuppertal katapultiert“, sagt Bontrup. Fränzel ergänzt: „Er wäre gerne einmal im Thalia aufgetreten, aber dazu kam es leider nicht mehr.“

Stattdessen lassen die beiden nun seine Musik wieder aufleben: Bei der Präsentation am 18. März sind neben den Autoren auch Schauspieler Andreas Ramstein sowie die Musiker Axel Petry, Sabine Prüss und Dietrich Rauschtenberger mit von der Partie.

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