„Eine geistige Feier im Inneren“

Auch Menschen mit wenig Bezug zur Kirche verzichten bis Ostern auf bestimmte Lebensmittel. Für viele religiöse Menschen ist das Fasten jedoch fest im Jahreslauf verankert.

„Eine geistige Feier im Inneren“
Foto: Andreas Fischer

In Zeitschriften und sozialen Medien wird für Verzicht auf Süßes oder Alkohol in der Fastenzeit geworben. Auch Menschen mit wenig Bezug zur Kirche schließen sich dieser Praxis an, animiert von Heilpraktikern. Bei vielen religiösen Menschen ist die Fastenzeit jedoch stark im Jahreslauf verankert - in verschiedenen Religionen.

„Eine geistige Feier im Inneren“
Foto: dpa

In der griechisch-orthodoxen Kirche nimmt das Fasten eine große Bedeutung ein. „Sehr sehr viele Gemeindemitglieder fasten, sogar Jugendliche üben sich darin“, sagt Pfarrer Eleftherios Argiropoulos. Sie verzichten zwischen Aschermittwoch und Ostern auf tierische Produkte, manche sogar zusätzlich während der Werktage auf Öl. Wer allerdings krank oder schwanger ist, muss die Fastenvorschriften nicht einhalten.

„Eine geistige Feier im Inneren“
Foto: Mathias Kehren

Das Osterfest als Feier der Auferstehung Christi von den Toten beendet die Fastenzeit. „Es ist eine geistige Feier im Inneren des Menschen. Das gemeinsame Familientreffen mit dem dazugehörigen Essen ist eine Freude“, betont Argiropoulos. Allerdings sei man nach 50 Tagen Fasten meist nicht in der Lage, viel zu essen.

David Vinitz, Rabbi

In der Neuapostolischen Kirche hingegen spielt das Fasten keine Rolle. „Die Neuapostolische Kirche kennt keine Regelungen zum Fasten zu bestimmten Tagen oder Anlässen und steht damit in der Tradition der Reformation. Ob der Einzelne fastet oder nicht, ist seinem persönliches Ermessen überlassen. Heil und Seligkeit erlangt man nur durch die Gnade aus dem Verdienst Jesu Christi“, erklärt Dirk Gielke, Ökumenebeauftragter im Kirchenbezirk Wuppertal.

Bei den Juden wird nur für einen Tag gefastet — dann aber vollständig. „Man isst nicht und trinkt auch nicht“, erklärt der Wuppertaler Rabbi David Vinitz. Dabei gebe es rund zehn Termine im Jahr, an denen das Fasten bei gläubigen Juden üblich ist. Pessach - das Fest der Befreiung der Israeliten aus ägyptischer Sklaverei, das gleichzeitig mit Ostern stattfindet - und das Purimfest — im Gedenken an die Rettung vor dem Tod durch Königin Ester — sind die wichtigsten Feiertage, vor denen gefastet wird.

Bruno Kurth, Stadtdechant

„Aber es gibt auch Fasten ohne Fest“, betont Vinitz. „Die Idee ist die spirituelle Reinigung.“ Deshalb gehören seiner Meinung nach auch der Verzicht auf fröhliche Musik oder profane Tätigkeiten wie Shoppen zum Fasten dazu. Ein Fest zum Ende des Fastens wie in anderen Religionen hält er nicht für notwendig.

Stadtdechant Bruno Kurth erinnert daran, dass die Fastenzeit aus kirchlicher Sicht als österliche Bußezeit gilt. Weniger die persönliche Askese solle im Zentrum stehen, sondern vielmehr sie Selbstbesinnung und die Besinnung auf Gott. „Verzicht ist nicht verkehrt - aber vor allem sollte man sich mehr Zeit nehmen zum Gebet, oder erst einmal Zeit zur Stille.“

Er empfiehlt, abends über den Tag nachzudenken und zu überlegen, wofür man Gott dankbar sein könne. Das ursprüngliche Fasten habe auch seinen Ursprung im Teilen mit anderen Menschen, die selbst nicht genug zu essen haben.

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