Eindringliche Szenen zur Flucht

Die Theatergruppe Close Up bringt mit ihrem neuen Stück „Tenebris“ das Thema Flüchtlinge auf die Bühne im Haus der Jugend Barmen.

Eindringliche Szenen zur Flucht
Foto: Anna Schwartz

Wuppertal. „Aleppo ist so wunderbar, nur ein kleiner Aufstand hier und da“ singen die Schauspielerinnen und tanzen dazu eine flotte Choreografie. Der abgelehnte Flüchtling Esperance (Melissa) wird herumgewirbelt, sie weiß nicht, wie ihr geschieht. Wie in einem Reisebüro wird ihr die Rückkehr in die ehemalige Heimat angepriesen, wo sie doch nur Tod und Zerstörung erwarten.

Im neuen Theaterstück „Tenebris“ der Theatergruppe Close Up geht es um Flucht und geflüchtete Menschen. In eindringlichen Szenen schildern die jungen Darsteller sowohl realistische Aspekte als auch abstrakte Gedanken. „Wir wollten eine andere Perspektive zeigen, das Stück funktioniert ganz auf der emotionalen Ebene“, erklärt Dilara Baskinci, die gemeinsam mit Charlotte Arndt seit September mit den Jugendlichen probt. Jede Woche trafen sie sich mit den 13- bis 20-Jährigen. Sie machten Schauspiel-Übungen, diskutierten über Flucht und deren Begleiterscheinungen und erarbeiteten nach und nach gemeinsam die Szenen.

In Wochenend-Workshops gestalteten die Jugendlichen mit Christopher Huber, Christopher Esch und Max Klaas vom Royel Street Orchestra die Musik. „Wir haben Worte zu Flucht gesucht und diese dann in allen Sprachen gesammelt“, erzählt Christopher Huber. Dazu dachten sich die Teilnehmer eine einfache Melodie aus, die fast wie ein Choral klingt. Bei den Aufführungen am kommenden Wochenende spielen die drei Musiker auch live mit.

Als Rahmen werden drei Filme gezeigt, die gemeinsam mit den Medienpädagogen Yvonne Warsitz und Tassilo Priebisch entstanden sind. Darin werden drei junge Flüchtlinge interviewt. So erzählt Mohammed, wie er unter schwierigsten Bedingungen zu Fuß, im Zug und im Boot nach Deutschland geflüchtet ist. Doch jetzt bekam er einen Bescheid, dass er nach Afghanistan zurückkehren soll. Aus dieser Schilderung entstand die Idee für die satirische Szene mit dem „Reisebüro“ samt drastischem Kontrast zwischen den blumigen Schilderungen der Amtsmitarbeiterinnen und der Verzweiflung der abgelehnten Einwanderin.

Am Anfang wird die Erde aus weiter Entfernung betrachtet: Hier sind keine Länder-Grenzen mehr erkennbar. Dann interagieren der Mond, das Meer und die Dunkelheit. „Wie würde es dem Meer gehen - würde es sprechen, wenn die Menschen dort untergehen?“, fragt Dilara Baskinci. Auch eine populistische Anführer-Figur kommt in dem Stück vor.

Die Darsteller bewarben sich bei einem Casting. Einige von ihnen haben schon in den vergangenen Jahren an dem Projekt mitgewirkt, andere sind neu eingestiegen. Nicht alle schafften die Kombination aus anstrengenden Proben und Schule. Neun Darsteller stehen jetzt auf der Bühne. Neben dem Landschaftsverband Rheinland und dem Haus der Jugend Barmen, die das Projekt seit drei Jahren fördern, ist diesmal auch die Bundeszentrale für politische Bildung eingestiegen. Sie ermöglicht in den Sommermonaten weitere Aufführungen in anderen Städten NRWs. „Dazu wollen wir auch eine Mappe für Lehrer erarbeiten“, erzählt Charlotte Arndt. Auf Wunsch gehen die beiden Theaterpädagoginnen auch in Schulklassen und vertiefen das Thema mit theatralen Mitteln.

„Es hat mich sehr beeindruckt, wie professionell das hier ist“, sagt die 14-jährige Meri. „Und man lernt auch etwas für sich“, betont Melissa (17). In dem Dreivierteljahr der gemeinsamen Arbeit sei ein toller Zusammenhalt entstanden, freut sich Dilara (16), die schon vergangenes Jahr dabei war. „Und es entsteht immer ein gutes Ergebnis.“

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