Ein Tag bewegt Zehntausende

Bei der neunten Auflage von 24 Stunden live gab es 120 Möglichkeiten, hinter Wuppertals Kulissen zu schauen. Die Resonanz war überwältigend.

Wuppertal. Wuppertal ist eine Wundertüte voller Überraschungen - diesen Eindruck gewann einmal mehr, wer am Freitag und Samstag bei 24 Stunden live durch die Stadt streifte. Firmen, Vereine und Kulturschaffende hatten 123 Veranstaltungen auf die Beine gestellt, bei denen Wuppertal seine unbekannten oder kreativen Seiten präsentierte.

Publikumsmagneten waren einmal mehr die Stadtsparkasse mit ihrem Rundblick über Wuppertal oder die Führungen bei WZ und Radio Wuppertal. Aber auch das AWG-Heizkraftwerk oder, erstmals im Programm, der Blick hinter die Kulissen von McDonald’s am Uellendahl zogen Scharen von Besuchern an.

Doch nicht nur Unternehmen lockten die Wuppertaler: In der Huppertsbergfabrik etwa bot sich den Besuchern am Freitagabend ein eindrucksvolles Bild: Wie riesige Monde hingen zwei illuminierte Ballons mit einem Durchmesser von 3,7 Metern am Gebäude - zwei Überbleibsel der spektakulären "Schachtzeichen"-Aktion im Rahmen des Kulturhauptstadt-Jahres. Ein weiterer dieser Ballons beleuchtete den Hof des Fabrikgeländes, während aus dem Gebäude Saxophon-Klänge nach draußen drangen.

Mehr als 200 Besucher schauten sich derweil im großen Veranstaltungssaal eine Tanztheater-Vorstellung an. Sie sahen 14 Tänzer, die scheinbar schwerelos durch den Raum schwebten. Dazu sang Jana Konietzki Jazzstücke mit einer so klaren Stimme, dass dem Publikum zeitweilig der Atem stockte - genau so hatten es sich die Macher der Aktion erhofft, war doch Luft das Thema des Abends.

Saxophonist Herbert Schneider war nach dem Auftritt selbst ganz außer Atem, denn die Improvisation mit Gitarrist Sebastian Konietzki kostete Kraft. Alle Beteiligten waren begeistert, dass ihre Aktion so viele Zuschauer anzog. Und beim 24 Stunden live im kommenden Jahr gibt es ein Wiedersehen in der Fabrik: Dann werden die Kreativen um den vom Verein startpunkt das Element Erde künstlerisch bearbeiten.

Szenenwechsel: Samstag, früher Morgen, Langerfeld. Friseur Norbert Schmidt macht den Haarschnitt zur Zeitreise in die 50er Jahre. Während er seinen Kunden die waschechte Rockabilly-Tolle verpasst, tanzt er mit klappernder Schere zu den Rock-Rhythmen um den Frisierstuhl herum. Weil die Anhängerschaft inzwischen zur Legion angewachsen ist, konnte der Friseur in diesem Jahr zu 24 Stunden live nicht mehr in seinen Laden an der Schwelmer Straße bitten. "2009 haben wir das noch gemacht, aber die Polizei fand das nicht so prächtig."

Grund für den Verkehrsstau im Vorjahr: Die Fans reisen natürlich stilecht in Karossen der Fünfziger an. Daher belegte Schmidt am Samstag das Gelände der Kollegen von "US Car 24" an der Clausewitzstraße. Auf dem staubigen Platz samt Maschendrahtzaun spitzen Baby, Peggy Sue und Donna die Lippen zum Kussmund. Im richtigen Leben heißen die Schönheiten im Petticoat Katrin Merle, Marina Roehnert und Natalia Kemkes, hier versehen sie die Show von Danny and the Chicks mit dem nötigen Sex-Appeal. Mehr Spaß beim Friseur geht definitiv nicht.

Ob Friseur oder Freimaurer, Arztpraxis oder Abwasserkanal - bei 24 Stunden live passt Wuppertal in keine Schublade. Zehntausende Besucher, so schätzen die Veranstalter, haben an diesem Wochenende einmal mehr die Vielfalt der Stadt erkundet. Und weil’s so schön war, wird es 2011 wieder ein 24 Stunden live geben. Und das ist ausnahmsweise mal keine Überraschung.

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