Ein Solinger Blindgänger sorgt für Aufregung auf der Höhe

Wie die Entschärfung einer Weltkriegs-Bombe viele Anwohner völlig unvorbereitet traf.

Vohwinkel. Freitagmorgen, Punkt halb elf an der Kreuzung Gräfrather/Roßkamper Straße. Zwei Polizeibeamte stellen einen Streifenwagen mitten auf die Fahrbahn. Immer wieder fahren Männer in Uniform auf Motorrädern die Straße rauf und runter und informieren die vorbeilaufenden Bürger. Selbst der Discounter auf der Ecke schließt für die nächste Stunde, nachdem die letzten Kunden mit vollen Einkaufstüten aus der Tür sind. Und Schuld sind die Briten — genauer gesagt eine 250 Kilogramm schwere Weltkriegs-Fliegerbombe auf Solinger Stadtgebiet (die WZ berichtete). Weil die ab elf Uhr entschärft werden soll, hat die Polizei die Straße gesperrt und 28 Häuser entlang der Höhe geräumt. Aus Sicherheitsgründen.

Zwanzig vor elf. Chaos auf der Kreuzung. Die Autofahrer reagieren auf die Sperrung überrascht, wollen immer wieder auf die Straße nach Solingen abbiegen. Mit Handzeichen und Trillerpfeifen versuchen die beiden Polizisten, den Verkehr zu regeln. Schaulustige im Auto und zu Fuß bleiben stehen — unter ihnen der Vohwinkler Robert Reinwald. Eigentlich wollte er nur eben einkaufen gehen, aber die Polizisten lassen ihn nicht mehr durch. Er ist total überrascht: „Davon wusste ich ja gar nichts.“

Auch Birgit Manidi steht sprachlos am Straßenrand. „Fahren die Busse denn nicht?“, fragt sie. „Ich muss doch zum Arzt.“ Direkt greift sie zum Handy und ruft ihre Freundin in Solingen an. „Vielleicht weiß die ja mehr.“ Johann Laresch indes kämpft sich tapfer durch den anhaltenden Regen. Mit Cape und Fahrrad will auch er zum Einkaufen — aber an den Polizisten kommt er nicht vorbei. Also geht’s stattdessen zum Westring — zur Einkaufs-Ausweich-Möglichkeit.

Zehn vor elf. Es regnet weiter in Strömen. Ludwig Schmidt wartet noch auf seinen Bus in Richtung Solingen. Auch er hat nichts von der Bombe mitbekommen: „Da ist man mit der Nase mitten drin und weiß nichts davon.“ Siegfried Brunner von der Verkehrsaufsicht der Stadtwerke Solingen kommt mit einem Wagen vorgefahren. „Hier fährt kein Bus mehr. Bis zehn nach elf soll die Entschärfung dauern. Dann erst können die Busse wieder losfahren“, informiert er die wartende Fahrgäste.

Punkt elf. Die Schüler der Realschule Boltenheide haben Schulschluss — und der Bus nach Hause bleibt aus. „Wenn wir nicht nach Solingen kommen, müssen wir wenigstens zum Hauptbahnhof“, sagt eine Schülerin und läuft Richtung Vohwinkel-Zentrum. „Hätte die Bombe nicht an unserer Schule liegen können?“, ärgert sich einer.

Viertel nach elf. Entwarnung. Die Bombe ist entschärft, der große Knall ausgeblieben. Die Polizei räumt die Sperren ab, der Verkehr fließt wieder. Alles läuft wie gewohnt, als hätte es nie einen Solinger Blindgänger gegeben.

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