„Ein Lächeln gibt Wärme für drei Winter“
Wuppertals Ehrenbürger Jörg Mittelsten Scheid wird diesen Samstag 80 Jahre alt. Aus diesem Anlass beschenkt er am Montag seine Stadt.
Wuppertal. Zugegeben: Der Gedanke an ein Gespräch mit Jörg Mittelsten Scheid zu dessen 80. Geburtstag flößte Respekt ein. Das ist anders, als mit Politikern, Sportlern oder anderen Prominenten zu reden. Da sind die Voraussetzungen klar. Der Journalist braucht Informationen, der Prominente braucht Öffentlichkeit.
Aber Jörg Mittelsten Scheid braucht keine Öffentlichkeit, er hat sie nicht nötig, weder für sein Ego noch für sein Wirken. Er ist bekannt genug, und die Eitelkeit so mancher Unternehmer geht ihm ab. Deshalb ist der Gedanke unangenehm, diesem Menschen seine Zeit zu stehlen. Schließlich ist er nicht nur jahrzehntelang Denker und Lenker der Vorwerk & Co. KG gewesen. Er ist auch Ehrenbürger Wuppertals, mit Bundesverdienstkreuzen hochdekoriert und Gesprächspartner von Präsidenten und Kanzlern. So jemandem zu begegnen, ist nicht alltäglich.
Menschen wie Mittelsten Scheid sind bestimmt distanziert, erwarten Konversation, nicht Gespräch, und wollen ansonsten nicht weiter belästigt werden. Mit solchen Gedanken sind Verabredungen eine Last.
Und dann kommt alles ganz anders.
Jörg Mittelsten Scheid gibt Menschen das Gefühl, willkommen zu sein. Er macht den Eindruck, in diesem Moment just mit diesem Gast reden zu wollen, sich darauf sogar zu freuen. Und es wirkt echt, weil es echt ist. Das ist vielleicht die überraschendste Erkenntnis aus einer Unterhaltung mit dem nun 80-jährigen, vielfach geehrten Wuppertaler. Da sitzt nicht der äußerst wohlhabende Unternehmer, der einstige Chef von Tausenden von Mitarbeitern. Da ist keine Distanz, nichts Oberlehrerhaftes. Da ist Offenheit, Geduld und ehrliches Interesse am Denken des Gesprächspartners. Da ist keine Distanz, nichts Abgehobenes.
„Ich habe in diesem Leben sehr viel Glück gehabt“, sagt Jörg Mittelsten Scheid. Und wie er es sagt, ist es keine Koketterie. Denn sein Start war alles andere als leicht. Er verschweigt nicht die Scheidung der Eltern, er berichtet, dass er vom Vater enterbt wurde und mit der Mutter ein karges Leben führte. Auch die Zeit im Internat war von Verzicht geprägt. „Das hat mir nicht geschadet“, sagt er. Wahrscheinlich ist das Gegenteil der Fall. Es half, Bodenhaftung zu wahren. „Wenn die Spülmaschine defekt ist, mache ich das. Und Betten beziehen kann ich auch“, sagt er.