Ein begnadeter Torhüter, der sich fürs Atelier entschied

Der Maler Udo Dziersk ist in Wuppertal zu Hause. Er lehrt in Düsseldorf und nun auch im chinesischen Xi’an.

Ein begnadeter Torhüter, der sich fürs Atelier entschied
Foto: Anna Schwartz

Nein, Chinesisch kann er noch nicht, aber lernen will er es. So wie er sein ganzes Leben lang lernen und nicht stillstehen will. Vor wenigen Wochen ist Udo Dziersk aus China zurückgekehrt, wo er seit kurzem eine Gastprofessur an der Academy of Fine Arts in Xi’an hat. Seine große Liebe ist die Kunst — neben der zweiten, die Fußball heißt. Aber beides mit vollem Einsatz geht nun mal nicht. Weshalb er den Stollschuhen den Laufpass gab und sich ganz der Malerei verschrieb. Von Anfang an mit großem Erfolg, was die Entscheidung im Nachhinein zu einer glücklichen machte. Meniskus-Probleme sorgen seit ein paar Jahren obendrein dafür, dass der heute 56-Jährige nicht mehr kicken darf.

Schon der Junge Udo merkte, dass „ich gut zeichnen kann, was ich sehe“ und dass ihn gelegentliche Museumsbesuche inspirierten. Folglich bewarb sich der gebürtige Gelsenkirchener nach dem Abitur an der Kunstakademie in Düsseldorf und wurde genommen. Nach wenigen Jahren gab er für das Studium den Torhüterposten in einer Mannschaft auf, die „in der höchsten deutschen Amateurliga spielte“.

Die Ausbildung brachte Udo Dziersk mit Stars der zeitgenössischen bildenden Kunst zusammen: Gerhard Richter, Georg Baselitz und Per Kirkeby sowie Markus Lüpertz, dessen Meisterschüler er wurde. „Ich war mit Eigenwilligkeit auf Wanderschaft“, blickt er diplomatisch zurück: „Ich habe von allen Vieren viel mitbekommen, von jedem auf seine spezielle Art, jeder hat eine Haltung zur Malerei.“ Nach Beendigung des Studiums 1988 gelang Dziersk der nahtlose Übergang ins Künstlerleben. „Ich ging zu Galerien und verkaufte direkt wahnsinnig gut.“ So gut, dass er mit 34 Jahren den Schritt zum Immobilienerwerb wagte.

Er kam nach Wuppertal, auf eine Anzeige in der WZ hin, die die Gebäude einer ehemaligen Schreinerei am Rott zum Kauf anbot. „Ich hab mir das angesehen und wusste, ’das ist es’. Es war die richtige Entscheidung, ich fühle mich in Wuppertal heimisch, lebe mittlerweile ja auch die längste Zeit meines Lebens hier.“ Über 300 Quadratmeter Atelier auf zwei Etagen und noch mal 40 Quadratmeter Büro verfügt der Künstler, hat zudem das dahinter liegende Wohnhaus auf dem zirka 1500 Quadratmeter großen Gelände umgebaut. Erschuf sich seine eigene, vor Kreativität sprühende Welt, die voller Fundstücke und Mitbringsel von seinen vielen Reisen in die weite Welt ist.

Seine Themen findet Dziersk denn auch auf Reisen, wo er Skizzen mit Fotoapparat oder Stift fertigt, auch in der Literatur und in der Kunstgeschichte (er verehrt die Renaissance-Künstler Lucas Cranach und Tilman Riemenschneider) — da, „wo mich etwas persönlich bewegt“. Sein collageartiger Stil lässt sich nicht vereinnahmen, vereint drei Elemente: figurative, Raum schaffende Farbflächen und lineare Momente, die selbige unterbrechen. „Farbe ist mir sehr wichtig“, sagt der Maler, Türkisblau sei seine Lieblingsfarbe. Acryl lehnt er ab, er bevorzugt Öl auf Leinwand, hin und wieder Graphit. Oft malt Dziersk an mehreren, durchaus auch großformatigen Bildern gleichzeitig. „Mir ist wichtig, dass der Betrachter assoziiert, unbewusst etwas mitnimmt, das Bild hinter dem Bild erkennt.“

Mit Enthusiasmus ist der Maler auch in der Lehre tätig. Er leitet seit 2002 den Orientierungsbereich an der Kunstakademie Düsseldorf, hilft den Studierenden binnen zwei Semestern die für sie passende Kunstrichtung herauszufinden, hält dabei Werte wie Kommunikations- und Kritik-Fähigkeit hoch.

Über eine Ausstellung in Korea wurde das Asieninteresse geweckt. Als die Anfrage aus China kam, sagte er sofort zu. Unterrichtete in den jüngsten Semesterferien dort. Ein Katalog dokumentiert die Arbeit mit den Studierenden in Xi’an. Wird in China anders Kunst studiert? „Ja“, sagt Dziersk, „die handwerkliche Ausbildung ist stärker, bei uns das Interesse am Experiment“. Im Herbst fliegt er vielleicht wieder hin. “Auch wenn ich dadurch ein paar Bilder weniger male. Das ist es mir wert.“ Außerdem steht in den Semesterferien zuvor eine Auszeit von der Lehrzeit an, in der ausgiebig gemalt wird. Ausstellungen in den Niederlanden stehen an.

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