Drogenambulanz: Mehr Zeit zum Helfen

Die Besucherzahlen gehen zurück. Der riskante Mischkonsum dagegen nimmt zu.

Wuppertal. Die Besucherzahlen des Wuppertaler Drogenkonsumraums gehen weiter zurück - im Vergleich zum Jahr 2006 um minus 21 Prozent. In den Anfangsjahren bis zum Sommer 2004 stieg die tägliche Besuchsfrequenz dahingegen in der Spitze noch auf bis zu 160 Konsumvorgänge und drohte die personellen und räumlichen Kapazitäten zu sprengen.

Mittlerweile hat sich die Situation aber entspannt: 50 Besucher kommen im Durchschnitt pro Tag in die Drogentherapeutische Ambulanz und den Drogenkonsumraum, die an das Gleis 1 am Döppersberg angegliedert sind.

Für Einrichtungsleiterin Klaudia Herring-Prestin ist diese Entwicklung eine Erleichterung: "Wir haben dadurch die Möglichkeit, noch mehr auf die Qualität unserer Arbeit zu setzen", sagt sie. Statt sich vor allem um ordungspolitische Aufgaben kümmern zu müssen, könne sich das Team vermehrt sozialarbeiterischen und medizinischen Dinge widmen und in Ruhe Gespräche mit den Betroffenen führen.

Für den Rückgang der Besucherzahlen hat Herring-Prestin mehrere Erklärungsansätze: Einmal die strengeren Sicherheitsbedingungen, 2004/2005 wurde ein Security-Dienst eingeführt, und es dürfen nur noch Wuppertaler die Einrichtung aufsuchen. Als Folge verschob sich auch die Szene und der Drogenhandel weg vom Gleis 1.

Grundsätzlich ziehen sich die Abhängigen vermehrt in ihre eigenen vier Wände zurück, um dort ungestört ihrer Sucht nachgehen zu können, so Herring-Prestin. Außerdem seien die Substitutionsplätze und damit die Ausstiegshilfe im Laufe der Jahre ausgebaut worden. Übrigens: Auf die Finanzierung des Konsumraums hat der Besucherrückgang glücklicherweise keine Auswirkunge. Sie orientiert sich nicht an den Fallzahlen.

Mit Sorge beobachtet das Team über die Jahre eine drastische Zunahme eines riskanten Mischkonsums, beispielsweise der gleichzeitige Konsum von Alkohol und Benzodiazepinen (z.B. Tranquilizer, Valium). "Die Zahl der Abhängigen mit mehrfacher Abhängigkeit hat deutlich zugenommen und ist mittlerweile nahezu der Regelfall", sagt Herring-Prestin.

Das Traurige: Erkennbar alkoholisierte oder intoxinierte Menschen dürfen wegen der gesetzlichen Vorgaben nicht in den Konsumraum, obwohl gerade bei ihnen die Wahrscheinlichkeit eines medizinischen Notfalls höher ist. "Wir wissen alle um die große Gefahr bei Doppelkonsum und hätten die Betroffenen deshalb am liebsten bei uns", sagt Klaudia Herring-Prestin.

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