Büste für Dietrich Bonhoeffer und Stele für Josef Neuberger nehmen große Rolle in der Gedenkkultur ein Doppel-Denkmal verteilt sich auf zwei Standorte in Barmen und Ronsdorf

Wuppertal · Die Büste für Dietrich Bonhoeffer und die Stele für Josef Neuberger nehmen eine große Rolle in der Gedenkkultur ein.

 Unbekannte haben das Bonhoeffer-Denkmal beschmiert.

Unbekannte haben das Bonhoeffer-Denkmal beschmiert.

Foto: Wlecklik, Petra

Wer auf der Hardt das Denkmal für Dietrich Bonhoeffer entdecken will, muss langsam gehen und genau hinschauen. Vor allem muss er ignorieren, was ins Auge springt: die Baustelle, in die sich das Gebäude der ehemaligen Justizvollzugsschule verwandelt hat. Zurzeit wird hier Schadstoffsanierung betrieben. Wie es danach weitergeht, ist noch unklar. Die Stadt hat die Planungen bezüglich eines möglichen Abrisses vorerst auf Eis gelegt. In jedem Fall wird durch die Baustelle die Stele, die an der Einfahrt zum Dietrich-Bonhoeffer-Weg steht, fast verdeckt.

Dabei wollte der Künstler Helmut Schön mit dem Denkmal für den Theologen und Widerstandskämpfer ein Zeichen setzen, an dem „niemand gleichgültig vorbeigehen kann“. Auch hoffte der Steinbildhauer bei der Einweihung 2005 darauf, dass die von ihm gefertigte Porträtbüste den Blick des Betrachters einfangen werde.

Auf einen Blick gibt es das Doppel-Denkmal nur noch im Netz

Bleibt man an der von Hans-Peter Osten hergestellten Stele stehen, blickt einem ein offenes, vielleicht verschmitztes Steingesicht entgegen. Allerdings hat es schon bessere Tage gesehen. Zu erkennen am Bart, den ihm irgendjemand ans Kinn gekritzelt hat. Besser hat sich die Schrifttafel gehalten, die über Bonhoeffers Lebensgeschichte informiert – über sein Eintreten für die Bekennende Kirche, die Untergrundarbeit gegen das NS-Regime und seine Ermordung im KZ gegen Kriegsende.

Wer dieses Denkmal neu für sich entdeckt, ahnt noch nichts von der Geschichte dahinter. Zu der gehört, dass die Stele zehn Jahre lang Teil eines Doppel-Denkmals gewesen ist. In Sichtweite der Bonhoeffer-Stele enthüllte Schön 2005 auch ein Denkmal für Josef Neuberger. Die aufrecht stehende Stahlröhre stellt hier gleichermaßen die Unbeugsamkeit der Persönlichkeit dar – in diesem Fall von Neuberger, der wegen seiner jüdischen Herkunft von den Nazis verfolgt wurde und ins Exil fliehen musste. Wenngleich sein Name nicht mehr so präsent ist wie der von Bonhoeffer, war Neuberger in der Nachkriegszeit ein prägender Politiker. Als Landesjustizminister legte er von 1966 bis 1972 die Grundlagen für den modernen Strafvollzug.

Seit Anfang der 80er Jahre trägt die Justizvollzugsschule NRW seinen Namen. Die Aufstellung des Denkmals unterstrich diese Wertschätzung noch. Initiator war Frank Fraikin, damaliger Leiter der Justizvollzugsschule. Die enge Verbindung von Institution und Kunstwerk hatte dann aber auch zur Folge, dass mit dem Umzug der Schule auch eine Hälfte des Doppeldenkmals die Hardt verließ. Seit Mai 2015, erklärt Werner Grothof von der JVS, befinde sich das Denkmal am neuen Standort in Ronsdorf.

Seit dem Umzug sind die beiden Gedenk-Stelen nicht mehr bloß einige Meter, sondern etwa sieben Kilometer voneinander entfernt. Die JVS hält das Neuberger-Denkmal in Ehren. Auf dem Gelände am Schmalenhof ist es an zentraler Stelle errichtet worden. Mit einer Großaufnahme der Stele startet auch ein Online-Video, mit dem sich die JVS präsentiert. Dennoch liegt auf der Hand, dass die Sichtbarkeit des Bonhoeffer-Denkmals vergleichsweise größer ist.

Auf einen Blick gibt es das Doppel-Denkmal nur noch im Internet. Dafür hat der Wuppertaler Historiker Jan Niko Kirschbaum gesorgt, der die Stelen nach eigener Auskunft 2012 – also noch rechtzeitig vor dem Abbau des Neuberger-Denkmals – in Fotos und Texten dokumentiert hat. Über die Hintergründe hat er sich auch mit seinem Fachkollegen Klaus Goebel ausgetauscht. Im Rahmen einer breit angelegten „Gedenkkultur“, so Goebel, komme dem Denkmalensemble eine wichtige Rolle zu. Weitere Erkundungen zu den Spuren, die Bonhoeffer und Neuberger hinterlassen haben, hält er für lohnenswert. Noch stärker bewegt ihn aber der geplante Abriss des alten JVS-Gebäudes. Aus seiner Sicht ist es unbedingt erhaltenswert.

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