Ausstellungseröffnung Diese Frau fasziniert noch heute die Menschen

Riesenandrang herrschte am Sonntag bei der Eröffnung der Else Lasker-Schüler-Ausstellung „Prinz Jussuf von Theben und die Avantgarde“ im Von der Heydt-Museum.

 Szene aus der Performance „Prinz Jussuf von Theben“ mit den Schauspiel-Studierenden: (v.l.)  Clara Schwinning, Linus Scherz, Carlotta Hein, Annelie Korn, Calvin-Noel Auer,  Leon Rüttinger. Nicht im Bild: Fabian Hagen.

Szene aus der Performance „Prinz Jussuf von Theben“ mit den Schauspiel-Studierenden: (v.l.)  Clara Schwinning, Linus Scherz, Carlotta Hein, Annelie Korn, Calvin-Noel Auer,  Leon Rüttinger. Nicht im Bild: Fabian Hagen.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Menschenschlangen vor dem Von der Heydt-Museum sind spätestens seit der Monet-Ausstellung nichts Neues mehr und dennoch nicht alltäglich. Am Sonntag lockte eine berühmte Elberfelderin die Menschen in Scharen zum Museum: Die Eröffnung der Else Lasker-Schüler-Ausstellung „Prinz Jussuf von Theben und die Avantgarde“ wollten so viele sehen, dass das Foyer nicht reichte, auf Treppen, obere Galerien- und andere Gänge ausgewichen werden musste. Eindringlicher Beweis der Bedeutung dieser Künstlerin und Persönlichkeit, die auch heute noch die Menschen fasziniert.

Ein Gedanke, dem Beate Möllers, Referatsleiterin im Kulturministerium NRW, in ihrer Eröffnungsrede nachging. Else Lasker-Schüler (ELS) fasziniere als Mensch, Frau und Künstlerin, besteche durch ihre Vielschichtigkeit, weder ihre Kunst noch ihre Person ließen sich festlegen. Ihre Themen, vom Zusammenleben der Religionen, über die Gleichberechtigung bis hin zu Flucht und Freiheit, seien noch heute aktuell. Ein Erfolg der Ausstellung lasse sich deshalb nicht nur an den Besucherzahlen, sondern an der Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit diesen Themen festmachen.

„Meinwärts“ heißt das Veranstaltungsjahr, das die Stadt der 1869, vor 150 Jahren, geborenen „malenden Dichterin“ ausrichtet. Ein Jahr, das vielfältige Angebote macht(e), darunter auch zwei Theaterinszenierungen, die den Bogen nach Israel schlagen, wo die Jüdin ELS 1945 im Exil starb. Nach der „IchundIch“-Inszenierung des Wuppertaler Schauspiels unter Leitung der israelischen Regisseurin Dedi Baron ist dies die Performance „Prinz Jussuf von Theben“ des Wuppertaler Dramaturgen und ehemaligen stellvertretenden Schauspieldirektors der Wuppertaler Bühnen, Gerold Theobalt. Im Juni wurde die Auftragsarbeit der Else Lasker-Schüler-Gesellschaft in Bochum uraufgeführt, am Sonntag wurden Auszüge daraus als Geschenk der Gesellschaft ans Museum gezeigt.

Else Lasker-Schüler war
auch eine Grenzgängerin

Sieben Studierende des dritten Jahrgangs Schauspiel an der Folkwang Universität der Künste setzten in eindringlicher Art und Weise Texte von ELS ins Szene, darunter auch ihr Gedicht „Weltflucht“, aus dem das Veranstaltungsjahr seinen Namen „Meinwärts“ bezieht, und „Ich räume auf!“, ihre Anklage gegen ihre Verleger. Szenen, die neben der wortgewaltigen, vor allem die verzweifelte, kämpferische Frau und Künstlerin lebendig werden ließen. Die unter den Todesfällen in ihrer Familie litt, die sich nicht anerkannt fühlte und die (zum Beispiel von Gottfried Benn) verlassen wurde. Die angehenden Schauspieler gaben ELS nicht nur ihre Stimme, sondern schufen auch schwer auszuhaltende Bilder: Fabian Hagen tauchte als Else immer wieder und bis zur Erschöpfung seinen Kopf in einen schäumenden Wasserbottich. Sinnbild der an ihre Grenzen gehenden ELS, das Assoziationen an die Foltermethode des simulierten Ertränkens, Waterboarding, weckte.

An die Grenzgängerin und damit hochaktuelle Persönlichkeit erinnerte auch Antje Birthälmer, die als Kuratorin und kommissarische Museumsleitern die Ausstellung eröffnete. ELS habe aktuelle Themen angesprochen und sei eine zentrale Vertreterin der damaligen Avantgarde gewesen. Ihre im Expressionismus wurzelnden, mit kalligraphischen Elementen, Linie und Farbe frei arbeitenden Zeichnungen hätte sie parallel und eigenständig zugleich zu ihrer Literatur entwickelt. Dennoch, so Kulturdezernent Matthias Nocke in seiner Ansprache, sei die Ausstellung die erste, ihrem bildkünstlerischen Werk im Kontext seiner Zeit entsprechende Präsentation im Von der Heydt-Museum. Nocke dankte der zahlreich erschienenen Prominenz – darunter der vormalige Museumsdirektor Gerhard Finckh, die neue Leitern des Kunstmuseums Solingen, Gisela Elbracht- Iglhaut, Vertreter des Kunst- und Museumsvereins, der Jackstädt-Stiftung, des Kulturstaatsministeriums des Bundes, des NRW-Kulturministeriums und der Politik (die ehemalige NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne), der Wuppertaler SPD-Landtagsabgeordnete Andreas Bialas, der Wuppertaler Kulturausschussvorsitzende Rolf Köster (CDU) und Ingrid Pfeiffer, die für die FDP im Kultuausschuss ist).

Besonderer Dank ging auch an den zentralen Leihgeber der Ausstellung, die Else Lasker-Schüler-Gesellschaft, die durch ihren Vorsitzenden Hajo Jahn vertreten war, und das Zentrum für verfolgte Künste in Solingen sowie einen zentralen Geldgeber der Ausstellung, die Jackstädt-Stiftung. Deren Vorstandsmitglied Michaela Steffen mahnte in ihrer Rede, dass das Von der Heydt-Museum als wichtiger Ort, an dem etwas passiere, die Auseinandersetzung mit der Geschichte und den Menschen stattfinde, von vielen getragen werden müsse und die finanzielle Unterstützung der Stadt brauche.

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