Klimagespräche „Die Zukunft gestalten, bedeutet auch Fehler zu machen“

Im Codeks gingen die Bergischen Klimagespräche zwischen Wissenschaftlern, Politikern und Künstlern zu Ende.

 Im Codeks wurde das Wuppertaler Bewegungsmanifest vorgestellt.

Im Codeks wurde das Wuppertaler Bewegungsmanifest vorgestellt.

Foto: Rainer Widmann

Was war da los? Ein Saal voll erwachsener Menschen, die auf Bürostühlen Scooter spielten – darunter ein gestandener Jazzer, ein Ratsherr und eine Chorleiterin. Dazwischen ein Wissenschaftler, der gerade OB-Kandidat der Grünen geworden ist: Rund um Uwe Schneidewind, Präsident des Wuppertal Instituts, gingen im Arrenberger „Codeks“ die Bergischen Klimagespräche mit einer furiosen Performance zu Ende – und an die Öffentlichkeit. Ein Abschluss voll Staunen, Ideen und klimatischer Aha-Effekte.

Zwei Tage lang hatten zwei Gruppen zueinander gefunden und miteinander gearbeitet: Planer und eher rational denkende Leute trafen auf Künstler des „Freien Netzwerks Kultur“ und erprobten ganz andere Möglichkeiten, Zugriff auf den Klimawandel zu nehmen – mit mehr als einer guten Portion kreativer Verrücktheit. Als Thema gewählt wurde urbane Mobilität und deren gerechte Umsetzung. „Wie in einer Klausur“ ging es um einen Dialog zwischen Vertretern von Nachhaltigkeit in Forschung und Praxis, Kunst und möglichst auch Verwaltung.

Den Blick schärfen, die Perspektive wechseln

Der öffentliche Abend schien denn auch zum Teil das geglückte Experiment zu feiern. Unverkennbar bot er aber auch ein Feuerwerk an ersten Antworten zur Frage, die Schneidewind, Chef des so renommierten wie unkonventionellen Forschungszentrums, so formuliert hatte: „Wie kann Kunst die Veränderungsprozesse inspirieren und gestalten?“

Die spaßigen Spektakel täuschten freilich weder über den Ernst der Sache hinweg noch über die Zielrichtung. Dazu gehörte der Aspekt der Vermittlung an die Bürger. So bestand offenbar Einigkeit, dass zum Erreichen der nötigen Klimawerte Verbote unumgänglich sind. Eine Gruppe hatte sich daher Losungen dazu auf die Fahnen, genauer: auf Demo-Plakate geschrieben, und so sah man denn Rainer Widmann, besagten Jazz-Crack, zusammen mit Christoph Grothe von Utopiastadt, engagierter Radfahrer, mit einer Performance, die diese in Wort und Bewegung übersetzte: „Keine Denkverbote für Verbote!“ schallte es durch den Raum. Die beschriebene Roll-Übung für alle quer durch den Raum bot Gelegenheit, Situationen des Straßenverkehrs spielerisch zu simulieren – und dabei gleich etwas Rücksicht einzuüben.

Konkreter wurde es, als eine weitere der sechs Gruppen vorlegte, wie man Perspektiven wechseln und so seinen Blick schärfen kann. Paradox vielleicht, von „Blick“ zu reden, denn die eine ging blind mit Stock und wohl wirklich blickdichter Augenbinde durch die Reihen, die andere erkundete die Fortbewegung in einem Rollstuhl.

Hier wie vielfach an diesem Abend mochte zweierlei durchklingen: Einerseits warb man für die Einbeziehung der Kunst in die Klimapolitik und deren Vermittlung. Andererseits zeigten die einfallsreichen Aktionen beispielhaft schon praktische Ergebnisse. So mochte mancher Gast ins Grübeln kommen, wenn jeder bereits am Eingang gebeten wurde, sich zur Art seiner Anreise zum „Codeks“ zu bekennen und ein entsprechendes Kärtchen im Saal abzulegen – je ob zu Fuß und mit dem Bus, per Rad oder Auto. Einen starken Eindruck gab auch ein Akteur, der gleich zu Beginn ohne Einleitung per Stuhl auf Zuschauer losfuhr, die teils ein paar Meter mitschob und ins Mikro raunte: „Die Zukunft gestalten, bedeutet auch Fehler zu machen.“

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