Abstimmung läuft bis 26. Mai Die Seilbahn spaltet Wuppertal: Das sind die Gründe

Wuppertal · Wuppertals Bürger dürfen über die Seilbahn abstimmen. Am 26. Mai wird ausgezählt: Spricht sich eine Mehrheit für die Fortführung der Planungen aus? Oder siegen die Gegner?

 Bis Sonntag können die Wuppertaler für oder gegen das Planfeststellungsverfahren für eine Seilbahn abstimmen.

Bis Sonntag können die Wuppertaler für oder gegen das Planfeststellungsverfahren für eine Seilbahn abstimmen.

Foto: dpa/Britta Pedersen

Mehr als 70 000 Wuppertaler haben ihr Kreuz bereits gemacht. Wieviele es genau sind, lasse sich kaum schätzen, hieß es am Dienstag aus dem Rathaus. „Die Umschläge stapeln sich.“ Am Sonntag wird ausgezählt. Ja oder Nein war anzukreuzen. Klingt einfach, ist es aber nicht. Denn die Wuppertaler entscheiden über ein Projekt, das die Stadt spaltet wie kaum ein anderes: den möglichen Bau einer Seilbahn. Konkret wird über die Fortsetzung der Planungen abgestimmt.

Ein Ja heißt: Das Planfeststellungsverfahren würde in Gang gesetzt, ein Nein dürfte bereits jetzt das Aus bedeuten. Denn auch, wenn das Ergebnis der Bürgerbefragung nicht verbindlich ist, wird der Stadtrat, der eben jene Befragung in Auftrag gegeben hat, sein Votum vom Ausgang wohl abhängig machen.

Das Ergebnis wird deutschlandweit mit Spannung erwartet. Ein solches urbanes Seilbahnprojekt wie in Wuppertal ist praktisch beispiellos. Andere Städte haben zwar ähnliche Ideen, doch die Umsetzung ist schwierig.

Wobei noch einmal deutlich gemacht werden muss: Selbst eine klare Mehrheit am Sonntag pro Seilbahn und ein anschließender positiver Ratsbeschluss bedeuten nicht, dass diese wirklich gebaut wird. Ein Planfeststellungsverfahren dauert. Und sollten in dessen Verlauf weitere Hürden auffallen, werden die WSW die Reißleine ziehen. Das betont noch einmal deren Sprecher Holger Stephan. „Es wird geprüft, ob eine Seilbahn möglich ist oder nicht.“ Treten zum Beispiel im Laufe des Verfahrens rechtliche Probleme auf, würde das den Abbruch der Planungen bedeuten.

Entstanden ist die Idee als Bestandteil von Wuppertal 2025, einer Vision zur Stadtentwicklung. Dazu gehören unter anderem das Pina-Bausch-Zentrum, die Qualitätsoffensive Innenstadt und das Thema Fahrradstadt. Kein Punkt ist aber so umstritten wie die Seilbahn.

Die Seilbahn spaltet Wuppertal: Das sind die Gründe
Foto: wz/klxm.de

Die Pro- und Contra-Lager haben versucht, schon jetzt möglichst erfolgreich für ihre Seite zu werben. Befürworter sprechen von der Seilbahn als innovative Ergänzung zur Schwebebahn, von einem Pluspunkt für den ÖPNV, von einer Touristenattraktion. Die Gegner sehen in der Seilbahn vor allem ein Millionengrab, ein Transportmittel, das nur wenigen wirklich etwas bringt und herbe Einschnitte gerade für diejenigen zur Folge hat, die direkt unter der Trasse wohnen.

In der Politik sind die Meinungen geteilt — nachzulesen in der Broschüre, die die Stadt den Wahlunterlagen beigelegt hat. Während sich zum Beispiel die SPD klar für die Seilbahn ausspricht, halten sich die Grünen mit einer Empfehlung zurück. Auch in der WZ-Redaktion gibt es keine eindeutige Haltung.

In der Diskussion gibt es viele strittige Punkte

Für das Projekt hat sich in der Vergangenheit neben den WSW unter anderem die Bergische Universität ausgesprochen — und die Stadt. Der Verein Pro Seilbahn mit Peter Vorsteher an der Spitze wirbt um die Ja-Stimmen. Auf der anderen Seite steht der Verein Seilbahnfreies Wuppertal um den Vorsitzenden Antonino Zeidler.

Widerstand gegen das Projekt regte sich praktisch direkt nach Bekanntwerden der Idee. Bringt die eine Fraktion vermeintliche Fakten pro Seilbahn, ist ziemlich sicher, dass die Gegenseite schnell ein Gegenargument parat hat. Umgekehrt läuft es übrigens genauso. Große Knackpunkte sind vor allem die Baukosten, die die WSW aktuell mit 88,9 Millionen Euro angeben, die Betriebskosten und mögliche Einschnitte im Busverkehr.

Deshalb die Zahlen, die relativ unstrittig sein dürften. Die Strecke wird etwa 2800 Meter lang sein und 165 Höhenmeter überbrücken. Für die Techniker: Es ist eine Dreiseil-Umlaufseilbahn geplant. Ein Modell, was unter anderem in Koblenz genutzt wird. Circa 44 Kabinen sollen mit 27 Kilometern pro Stunde etwa 3500 Personen pro Stunde vom Döppersberg, wo die Talstation stehen soll, hoch zur Mittelstation an der Uni oder weiter zur Endstation auf Küllenhahn am Schulzentrum Süd bringen. Soviel zu den Fakten.

Bei vielen anderen Punkten gibt es Diskussionen, die Fronten sind verhärtet. Der „Wahlkampf“ fiel dementsprechend aus, vor allem in den Sozialen Medien. „Fake-News“ warfen sich die Lager gerne gegenseitig vor. Gegner warben schon mal polemisch mit dem Bild einer traurig dreinblickenden Katze und dem Kommentar, dass für eine Seilbahn Geld da sei, aber nicht für ein Tierheim.

Überhaupt fällt auf, dass Kritiker des Projekts gerne auf den Umstand verweisen, dass die Stadt angeblich bei Kindertagesstätten und Spielplätzen spare, dafür aber die Seilbahn finanziere — was definitiv nicht stimmt.

Ebenso zu hinterfragen ist der Einwand der Befürworter, nur mit der Seilbahn gebe es Chancen, auf Dauer ein Dieselfahrtverbot zu verhindern. Und auch, ob die Seilbahn wirklich das Allheilmittel gegen Staus ist, darf bezweifelt werden.

Auf die Spitze treibt es eine — vermutlich aus dem Pro-Lager lancierte und bewusst übertreibende — Fake-Contra-Seite bei Facebook, auf der mit unschlagbaren Argumenten gegen die Seilbahn gewettert wird. Beispiel gefällig: „Menschen gehören nicht in die Luft, denn sie sind keine Vögel.“ Kein Wunder also, dass nach der erfolgreichen Verhinderung der Seilbahn als nächstes die Schwebebahn vom Himmel geholt werden soll.

Das bringt aber ziemlich genau das Niveau auf den Punkt, das beim Thema Seilbahn in vielen Diskussionen herrscht. Eine Erkenntnis daraus auch: Viele Wuppertaler sind erschreckend uninformiert. Das muss sich auch die Stadt ankreiden, denn die dünne Broschüre, die den Wahlunterlagen beigelegt war, brachte die bislang noch ziemlich Uninformierten nicht wirklich nach vorne.

Kritik gibt es aber auch am Verfahren an sich. Der Politik werfen einige vor, sich um eine Entscheidung gedrückt zu haben und deshalb nun die Bürger in die Pflicht zu nehmen — was auch noch Kosten verursacht. Denn so eine Bürgerbefragung schlägt mit gut 250 000 Euro zu Buche.

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