Die Rock-Denker von Daheim

Die Band um Frontmann Jörg Daheim macht deutschsprachige Rocksongs. Ihr Rezept: Tiefgang statt Schnulzenformeln.

Wuppertal. Jörg Daheim hebt die Stimme. Bei Konzerten der Band, die seinen Nachnamen trägt, kommt es schon einmal vor, dass das Publikum aufmerksam zuhört und ein wenig aufgerüttelt werden muss. Nachdenklich, ernst, aber dabei gleichzeitig voller Sprachwitz und mit mehr als nur einem Augenzwinkern versehen — so sind die Texte der Wuppertaler Gruppe Daheim. Und da lohnt es sich eben, die Ohren aufzumachen, anstatt gedankenlos einfach nur die nächste Party zu feiern.

„Bin ein kurzsichtiger Passagier — wenn ich mich klein genug mach’, glaubst Du ich bin nicht hier. Der Seegang ist uns zu schwer, der Grund zum Gegensteuern liegt schon lange auf dem Grunde des Meers“, singt der hünenhafte 34-Jährige dann im Song „Mann über Bord“. Zeilen, die packen und festhalten. Seit gut einem Jahr spielt Jörg Daheim mit Gitarrist Jens Brandenburg (31) und Torsten Reinbott (36, Drums, Bass) seine deutschen Rocksongs.

Die Worte sind so gekonnt platziert, dass es eigentlich unvorstellbar klingt, wenn Jörg Daheim sagt, dass er sich bis vor Kurzem nicht getraut habe, solch intime Gedanken in seiner Muttersprache mitzuteilen. Erst als er die Band Jupiter Jones hörte, brach es aus ihm heraus. „Ich habe mich hingesetzt und den ersten Song geschrieben“, sagt Jörg Daheim. „Zu wahr, um schön zu sein“ entstand im Jahr 2008.

Intim heißt bei Daheim im Übrigen nicht, dass es auf der Bühne zum Seelenstriptease kommt, für den sich die Zuhörer fremdschämen müssten. Der Vater eines fünfjährigen Sohnes wählt seine Worte mit Bedacht. „Das Wort Liebe kommt bei uns ebenso wenig vor wie Sonne, Mond, Sterne oder Sehnsucht. Es gibt in der deutschen Sprache so viele Facetten, deshalb lasse ich die klassischen Schlagerwörter aus“, sagt er. Als Vorbilder dienen diverse deutsche Künstler wie eben Jupiter Jones, aber auch Eric Clapton oder Toto.

Die erste CD von „Daheim“ heißt „Unterwegs nach Überall“. Drei Songs befinden sich auf der Scheibe, die Türöffner sein soll, um an Auftritte zu kommen. Zunächst. „Ein rundes Studioalbum fänden wir aber auch nicht schlecht, oder?“, fragt Jörg Daheim und schaut seinen Mitstreiter an. Brandenburg schmunzelt. „Klar“, antwortet der Gitarrist, der hauptberuflich als Musiklehrer an der Else-Lasker-Schüler-Gesamtschule arbeitet.

Daheim, der bereits als professioneller Musiker arbeitet, will ausprobieren, was er mit der Band erreichen kann. „Musik ist, glaube ich, das, was ich am besten kann“, sagt Daheim, der Germanistik an der Uni Wuppertal studiert hat, und irgendwann merkte, „dass ich lieber vor 300 Menschen singe, als vor 30 zu sprechen“, wie er sagt.

Allmacht über die Interpretation seiner Liedzeilen beansprucht Daheim nicht — „ich schreibe die Songs für mich. Jeder kann darin für sich erkennen, was er möchte.“ Ideen für Musik und Texte kommen oft spontan. Bei „Mann über Bord“ stand Jörg Daheim an der Reling einer Fähre über die Nordsee. „Manchmal jammen wir bei der Probe auch nur eine Runde, und auf einmal singt Jörg spontan dazu. Und es passt“, sagt Brandenburg.

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