Die Industrie der Region braucht für die Zukunft mehr Ingenieure

Wirtschaft fordert, technische Studiengänge nicht zu vernachlässigen. Angekündigte Kooperation startet.

Wuppertal. Stichworte und Kommentare zur Rede hat sich Andreas Groß auch fünf Monate, nachdem sie gehalten wurde, noch aufgehoben. "Dieser Vortrag wird so schnell nicht in Vergessenheit geraten", sagt der Geschäftsführer der Maschinenfabrik Heinz Berger in Kohlfurth über Uni-Rektor Volker Ronge. Der Soziologie-Professor sprach im Mai vor Mitgliedern des Industrieverbands Schneid- und Haushaltwaren - und präsentierte einen Abgesang auf die industrielle Gesellschaft (die WZ berichtete).

"Da waren Menschen, die sich sehr darüber aufgeregt haben", erinnert sich Groß. So sehr, dass beispielsweise ein Solinger Unternehmer direkt aus dem Förderverein für das An-Institut der Bergischen Universität austrat. Ronge entschuldigte sich zwar später schriftlich, ruderte in der Sache aber nicht zurück. Das - und der Fakt, dass sich die Universität künftig stärker auf die Lehrerausbildung konzentrieren will - macht nicht nur einigen Unternehmern, sondern auch der Industrie- und Handelskammer Sorgen.

Im Bergischen Institut für Produktentwicklung und Innovationsmanagement in Solingen (wo auch Ronge seine Rede gehalten hatte) tagte der Ausschuss für Industrie, Technologie und Umwelt. "Wir sind die Industrieregion Nr. 1 in Nordrhein-Westfalen", sagt IHK-Stabsbereichsleiter Klaus Appelt nach dem Treffen. "Ohne Ingenieure, ohne Naturwissenschaftler kann das nicht funktionieren." Im bergischen Städtedreieck liegt der Industrieanteil noch bei 39 Prozent, während er in NRW unter 32 Prozent sank. "Wenn die Industrie wegbricht, brechen auch die Dienstleistungen weg", warnt der IHK-Experte.

Er und Groß haben zwar Verständnis für Ronge: "Er steht unter dem Druck der Landesregierung. Eine Zusammenlegung von Hochschulen wie in Essen und Duisburg hätte auch in Wuppertal passieren können." Gleichzeitig fürchten sie aber, dass die Wuppertaler Ingenieur-Studiengänge in der Bedeutungslosigkeit verschwinden, während Aachen immer mehr Studenten anzieht. Wer in Aachen studiert, werde aber keine Bindung zu bergischen Firmen aufbauen, sondern eine Stelle in der Großindustrie suchen. Appelt: "Es ist wichtig, dass die Studenten bleiben und bereits während des Studiums in den hiesigen Firmen arbeiten."

Grundlage soll eine Kooperationsvereinbarung zwischen IHK und Universität sein, die im Entwurf vorliegt. Sie hat drei Ziele: eine bessere Zusammenarbeit, mehr Öffentlichkeitsarbeit und die Bindung von Absolventen an die Region. Appelt: "Wir müssen endlich zu konkreten Vereinbarungen kommen."

"Wir müssen alle in die Verantwortung kommen", betont Groß. Als er in Wuppertal studierte, habe es im Fachbereich Elektrotechnik noch 220 bis 240 Studenten pro Jahr gegeben. Jetzt seien es nur noch 120 bis 140 angehende Ingenieure. Seine Hoffnung setzt er auf die geplanten dualen Studiengänge, die Theorie und Praxis verbinden.

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