Die Grenzen der Sicherheit

Landespolitik ist gefragt, wenn es um Themen wie Schutz und Ordnung geht. Viele Wuppertaler wünschen sich stärkere Präsenz von Polizei und Ordnungskräften.

Die Grenzen der Sicherheit
Foto: Stefan Fries

Als eine der sichersten Großstädte Deutschlands wird Wuppertal gern bezeichnet. Und in der Tat gibt es andernorts weit mehr Grund zur Klage. Tatsächlich nähert sich Wuppertal, was die Kriminalität angeht, aber immer mehr dem Niveau anderer Großstädte im Land an: So war es vor knapp drei Wochen von der Kreispolizeibehörde zu hören. Sie stellte die Statistik der Kriminaldelikte für das vergangene Jahr vor — mit einem Anstieg von Taschendiebstählen einerseits und fast stagnierenden Einbruchszahlen andererseits.

Dass Sicherheit immer auch eine Frage der Perspektive ist, zeigte sich indes einmal mehr bei der jüngsten Veranstaltung zur Situation in Oberbarmen. Auf Einladung des dortigen Bürgerforums diskutierten Polizeipräsidentin und Oberbürgermeister, Stadtverwaltung und Lokalpolitiker mit Bürgern über die Sorgen von Anwohnern. Mehr als 100 von ihnen hatten durch Unterschriften und mit einen offenen Brief im vergangenen Sommer auf ihr Wohnumfeld und Probleme im Einzugsbereich des Berliner Platzes aufmerksam gemacht. Seither wird laut Polizei einiges getan, um vor allem das subjektive Sicherheitsgefühl der Nachbarn zu verbessern. Mobile Wache, Polizeibeamte in Zivil und bauliche Veränderungen gehören zu den Maßnahmen.

„Der Berliner Platz gilt als sozialer Brennpunkt“, bestätigt Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher. „Offener Konsum von Alkohol, verdeckter Handel mit Betäubungsmitteln sowie der Anstieg von Straftaten, insbesondere Raub- und Körperverletzungsdelikte, führen dazu, dass sich Teile der Bevölkerung, vor allem ältere Menschen, nicht mehr sicher fühlen.“

Nicht nur in Oberbarmen fordern Anwohner deshalb mehr Polizeipräsenz und verstärkte Kontrollen durch die städtischen Ordnungsbehörden. Doch die personellen und finanziellen Möglichkeiten sind begrenzt. „Zweifelsohne würde ich mich nicht gegen zusätzliches Personal wehren und könnte es problemlos einsetzen“, sagt Birgitta Radermacher. „Jedoch entscheide nicht ich, sondern das Innenministerium und letztlich das Kabinett über Einstellungszahlen.“

Die Polizei in Wuppertal sei personell aber gut aufgestellt, „sie kann ihre Aufgaben sehr gut erfüllen.“ Und: „Im Übrigen bringt ein Mehr an Polizisten nicht automatisch auch ein Mehr an Sicherheitsgefühl.“

Räumliche Nähe von Polizei vielleicht aber schon: Die Diskussion um die künftige Wache für den neuen Döppersberg ist noch nicht verstummt — viele Elberfelder hätten sich einen Standort in Bahnhofsnähe gewünscht: Die Wache zieht ins Citycenter an der Schloßbleiche.

Einiges mehr von dem, was die Wuppertaler beim Thema Innere Sicherheit bewegt, wird in Düsseldorf geregelt.

Matthias Nocke (CDU) würde sich als zuständiger Wuppertaler Dezernent vom Land unter anderem wünschen, dass es in Sachen Glücksspielstaatsvertrag und damit Spielhallen-Regulierung mehr Druck ausübt. Wettbüros und Automatensäle wie in Oberbarmen, an der Elberfelder Gathe oder auch in Vohwinkel sind in der Wahrnehmung vieler Bürger Zeichen eines Umfelds, das zunehmend Aufmerksamkeit erfordert.

Auf mehr städtische Ordnungskräfte auf der Straße brauchen die Wuppertaler vorerst auch nicht zu hoffen — nach wie vor ist die Stadtverwaltung den Spar-Auflagen des Landes verpflichtet. Personalaufstockung ist da schwierig, und so kommt das Thema Innere Sicherheit auch dabei schnell an finanzielle Grenzen.

Wenn es also in absehbarer Zeit nicht signifikant mehr Polizisten und Ordnungskräfte geben wird — könnte dann nicht zumindest eine Videoüberwachung für neuralgische Punkte wie den Berliner Platz oder die Gathe eingerichtet werden? Das fragen sich nicht wenige Menschen im Tal.

Der Überwachung erteilen aber insbesondere SPD und Grüne mit Verweis auf Datenschutz und Effizienz eine Absage. Nicht nur Andreas Bialas (SPD) und Rainer Spiecker von der CDU, der sich für Videoüberwachung ausspricht, debattieren derzeit engagiert über Kameras für öffentliche Orte. An eine rasche Umsetzung ist bei diesem Streitthema allerdings ebenfalls nicht zu denken. Denn auch die Polizei sieht das Thema kritisch. Polizeipräsidentin Radermacher weist auf die Rechtsgrundlagen für den Einsatz von Videoüberwachung hin, die „eng gefasst“ seien. „Das Polizeigesetz ist da eindeutig und fordert unter anderem konkrete öffentliche Orte, an denen wiederholt Straftaten begangen wurden.“

Und da liege das Problem, denn die Menschen in Oberbarmen sähen den Berliner Platz als Teil eines größeren Gebiets an, zu dem auch die Rosenau, das Schöneberger Ufer und der Rittershauser Platz zählten. Radermacher stellte gegenüber der WZ klar: „Eine Videoüberwachung eines derartig weitläufigen Bereichs ist unter den Voraussetzungen des Polizeigesetzes nicht möglich.“

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