Die Gesellschaft wird bunter: Nachhilfe in Wuppertals Kitas

Wie sich die städtischen Erzieherinnen für mehr Vielfalt in den Tagesstätten schulen.

Wuppertal. In der CVJM-Bildungseinrichtung wird herzlich gelacht: Ist Fatmas Mann nun beschnitten oder nicht? Eine waschechte Wuppertalerin, gespielt von Marcia Golgowsky, schaut ihre Freundin, eine Migrantin aus der Türkei (Lilay Huser), fragend an. Mit einer kleinen Kabarett-Nummer führte das Duo „Trockenblume“ gestern Vormittag auf unterhaltsame Weise in das Thema der diesjährigen Fachtagung des Stadtbetriebes Tageseinrichtungen für Kinder ein: Unter der Überschrift „Vielfalt leben — alle Kinder sind gleich, jedes Kind ist besonders“ setzten sich 140 Erzieherinnen mit dem Thema Inklusion auseinander. Einem Thema, das derzeit alle Bildungseinrichtungen landesweit umtreibt.

„Jedes Kind ist anders — das ist eine Bereicherung für unsere Gemeinschaft und damit auch für unsere Tageseinrichtungen“, findet Cornelia Weidenbruch, Leiterin des Stadtbetriebs Tageseinrichtungen für Kinder. Der Anspruch, jedes Kind in seiner Individualität zu fördern, stelle die Mitarbeitenden der Kitas jedoch auch vor Herausforderungen: „Wir müssen unsere Vorurteile reflektieren“, meint Anne Kuhnert, Mitarbeiterin am Institut für den Situationsansatz der Freien Universität Berlin.

Sie wirbt für eine vorurteilsbewusste Pädagogik: Erzieherinnen sollen darin unterstützt werden, Unterschiede wert zu schätzen und bei Ausgrenzung zu intervenieren. Schließlich spiele die Umwelt eine entscheidende Rolle bei der Identitätsfindung der Kinder: „Wir müssen uns fragen, warum in Kinderbüchern Jungen etwa auf Bäumen klettern und Mädchen Röcke tragen. Wo bleiben Kinder mit einer anderen Hautfarbe oder einem Handicap?“ Soweit die Theorie — auf der Fachtagung kam auch die Praxis nicht zu kurz.

„Wir haben in meiner Arbeitsgruppe eine Übung zu Namen gemacht“, erklärt Kuhnert. Spreche man den Namen eines Kindes zum Beispiel falsch aus, signalisiere man Respektlosigkeit — dabei sei Wertschätzung gefragt. Auch Etikettierungen, wie etwa „Zappelphilipp“, können am Ende das Verhalten eines Kindes ungewollt steuern.

Der erste Schritt ist gegangen, weiter geht’s: Das Thema „Vielfalt leben“ soll sich wie ein roter Faden durch das Fortbildungsangebot des Stadtbetriebes Tageseinrichtungen für Kinder ziehen. Fast 100 Veranstaltungen sind geplant. Nicht nur die Erzieher sind mit den Auftakt zufrieden: „Wir hatten eine super Arbeitsatmosphäre, wir konnten schnell die Theorie-Teile reflektieren und auf die Praxis runter brechen“, freut sich die Wissenschaftlerin Kuhnert.

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