Bildung Gesichter berühmter Menschen weisen den Weg in der Junior Uni

Wuppertal. · Nicht Zahlen wiesen den Weg, sondern Porträts helfen bei der Orientierung. Der Design-Professor Markus Schröppel hat das Leitsystem für die Junior Uni entwickelt.

Serafina erklärt, wie die Orientierung an den Portraits funktioniert - hier an der Glastur zum Pausenraum mit dem Bild der Philosophin Hannah Arendt.

Serafina erklärt, wie die Orientierung an den Portraits funktioniert - hier an der Glastur zum Pausenraum mit dem Bild der Philosophin Hannah Arendt.

Foto: Fischer, Andreas (22345680)/Fischer, Andreas (f22)

Serafina (9) weiß genau, wie sie ihren Kursraum findet. Sie muss nur die Gesichter von Bertha und Carl Benz suchen. Denn Porträts von Erfindern und Denkern markieren in der Junior Uni die Räume. Damit erkennen auch Kinder die richtige Tür, die noch nicht lesen können. Bei der Orientierung im Gebäude helfen außerdem die Farben. Das Leitsystem hat der Design-Professor Markus Schröppel gemeinsam mit seinen Studenten entwickelt.

Einen „Glücksfall“ nennt Markus Schröppel seine Begegnung mit Junior Uni-Gründer Ernst-Andreas Ziegler 2013, als gerade das neue Gebäude der Junior Uni am Brögel geplant wurde. Schnell war klar, dass der Design-Experte dabei helfen sollte, dass sich Nutzer und Besucher in dem neuen Haus gut zurecht finden. So konnte er sich von Anfang an mit den Architekten kurzschließen. Die Herausforderung: Das Leitsystem sollten Erwachsene ebenso wie Kindern im Kindergartenalter verstehen, außerdem Besucher, die noch nicht sicher mit der deutschen Sprache und Schrift sind.

Die erste Idee waren Farben, die die Etagen kennzeichnen. Serafina kennt sich als geübte Junior Uni-Studentin aus: „Blau ist die erste Etage, rot die zweite und grün die dritte.“ In den Etagen liegen Linoleumböden in entsprechenden Farben. Auch die Zahlen im Aufzug und im Treppenhaus sind in farbige Punkte platziert.

Symbole zur Kennzeichnung der Räume funktionierten nicht

Schwieriger war die Frage, wie die einzelnen Räume gekennzeichnet werden sollen. Denn weder Zahlen noch Beschriftungen kamen in Frage. Zunächst entwickelten die Studenten zahlreiche Symbole, um die Nutzung des jeweiligen Raumes dazustellen. Doch viele dieser Symbole funktionierten nicht. So erkannten viele Erwachsene zum Beispiel den Erlenmeyerkolben nicht, der auf das Chemie-Labor hinweisen sollte. Und Kinder erkannten ihn erst recht nicht.

Dann entstand eine ganz neue Idee: „Schon in der frühen Kindheit entwickeln Menschen eine erstaunliche Fähigkeit, Gesichter wiederzuerkennen“, erklärt Markus Schröppel. Das ließ sich sehr gut mit der Aufgabe verbinden, den Junior Uni-Studenten Persönlichkeiten aus Kunst, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft näher zu bringen. Schröppels Studenten stellten eine Sammlung von knapp 100 Persönlichkeiten zusammen, stilisierten ihre Portraits zu Scherenschnitten, die sich als farbige Kunststoff-Folie ausdrucken und auf die Türen kleben ließen.

Bei einigen Gesichtern mussten sie nachbessern: Porträts nach alten Abbildungen fanden die Kinder zu streng. Es dauerte, bis alle Gesichter den Kindern gefielen, als Ausdruck funktionierten und auf die Türen und Wände im Haus verteilt waren. Jetzt blicken die Gesichter freundlich von den Türen - in der dritten Etage in Grün, in der zweiten in Rot und in der ersten in Blau.

An den Bürotüren der Mitarbeiter sind die Porträts grau, ebenso Gesichter, an den Wänden nur zur Dekoration dienen. Neben den Türen stehen die Namen und Lebensdaten, manchmal kluge Gedanken der Persönlichkeiten.

Stilisierte Bilder erschienen Kindern wie Gespenster

Auch bei der Kennzeichnung der Toiletten mussten die Designer Lehrgeld zahlen. Sie wollten Bilder im gleichen Stil von Alltagsmenschen für Damen- und Herrentoiletten verwenden. „Das ist bei den Kindern überhaupt nicht gut angekommen“, erzählt Markus Schröppel. „Sie sagten, die sehen aus wie Gespenster.“ Also entwarfen die Studenten typische Piktogramme mit vereinfachten Frauen- und Männerfiguren. Und bei den Schildern für Kindertoiletten bestanden die Kinder darauf, dass die Piktogramme auch Arme haben.

Das Leitsystem nutzen die Besucher der Junior Uni heute ganz selbstverständlich. Serafina zeigt auf einen Monitor im Foyer, der die laufenden Kurse anzeigt, und erklärt: „Da auf der Info-Tafel sind Köpfe.“ Sie besucht gerade den Kurs „Echtholz-Profis“, in dem sie ein Schneidebrett produziert. Neben ihrem Kurstitel sind die Gesichter von Bertha und Carl Benz zu sehen - in Grün, weil der Kurs in der dritten Etage stattfindet.

„Hier hängen auch überall Köpfe“, macht Serafina aufmerksam: Von der Decke baumeln runde Tafeln mit Gesichtern, auch die von Bertha und Carl Benz. Unter ihnen haben sich die Kinder vor Beginn des Kurses gesammelt, bis ihre Dozenten sie abholten und in die dritte Etage zu ihrem Kursraum führten, an dessen Tür das Benz-Paar sie anblickt. „Beim zweiten Mal weiß man den Weg dann schon“, sagt Serafina.

Ob sie auch weiß, wer Carl und Bertha Benz waren? „Das sind doch die Macher von der Automarke Mercedes“, sagt die Junior Uni-Studentin. Und sie kennt noch ein Detail aus der Geschichte des Autos: „Bertha Benz hat damals das Auto geklaut, um damit zu fahren.“ Denn alle anderen zögerten, das gefährliche neue Gerät zu benutzen.

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