Der Urknall im Modell – Suche nach den kleinsten Bausteinen

Professor Peter Mättig erklärte, wie und warum Physiker am Genfer Cern den Big Bang simulieren.

Wuppertal. Kleine Wunder geschehen täglich. Eines davon war gestern zu erleben, als Professor Peter Mättig trotz Fußball, Sonnenschein und schwierigster Materie den Saal der CityKirche bis zum letzten Platz füllen konnte. Das Wunder im Wunder bestand wohl darin, dass er sich im Rahmen der Vortragsreihe UniTal einem Thema widmete, mit dem er nicht nur den Wissensdurst bediente, sondern - immerhin in einer Kirche - zugleich an den Grundfesten des christlichen Glaubens rüttelte.

"Nahe am Urknall" sind Mättig und seine Kollegen aus 37 Nationen, die am Forschungszentrum Cern in Genf mit dem Large Hadron Collider (LHC) Teilchen beschleunigen, um hernach die Daten von Protonen-Zusammenstößen auszuwerten. Was in dieser Formulierung unspektakulär klingt, ist das bislang vielleicht spannendste Experiment der Menschheit. Denn die Kollisionen sind gleichsam eine Miniaturausgabe des Big Bang, mit dem nach heutigem Kenntnisstand vor 14 Milliarden Jahren das Universum entstand.

Was begeisterte, war Mättigs Gabe, das komplexe Thema allgemeinverständlich herunterzubrechen. Hier und da blickte er zurück auf frühere Generationen von Physikern, die wertvolle Erkenntnisse, nur teils eben mit kleinen Fehlern geliefert haben. Er selbst zeigte sich gänzlich im Bann seiner Forschung und betonte mehrfach, dass "wir im Cern zu Ergebnissen kommen müssen", da andernfalls ein ganzes Wissenschaftsgebäude zusammenbrechen werde.

Verständlich also, dass über Zwischenerfolge gejubelt wird, so über den Energierekord, der am 30. März dieses Jahres mit dem LHC aufgestellt wurde. Was über die Kollisionen, die "Small Bangs", ermittelt werden soll, erklärte Mättig anhand eines einfachen Beispiels: Sonnenlicht trifft auf Objekte, die das Licht streuen, welches unser Auge wahrnimmt. Eine solche Streuung werde über die Kollisionen erzeugt, die Messung finde eben nicht mit dem viel zu langsamen, unsensiblen und unscharfen Auge statt, sondern über Detektoren.

Die Welt auf das zurückführen, was sie im Innersten zusammenhält - was Goethes "Faust" erträumte, rückt ein gutes Stück näher. Doch: "Wir verstehen erst vier Prozent dessen, was Energie ist." Ein ganzes Paket an Rätseln hinter dem, was Physiker bereits wissen, legte Mättig offen. Wer sich dabei an die Tage als Schüler erinnerte, fand bestätigt, dass die Modelle von einst schon jetzt kaum noch Gültigkeit haben. Die Sehnsucht aber ist geblieben, nämlich die Frage nach den kleinsten Bausteinen, die in jedem Ding verborgen sind.

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