Wuppertal Der ungleiche Zweikampf um das Mandat für Berlin

Immer wieder holen die CDU die Sünden der Vergangenheit ein. Sichtbar ist das auch an den Wahlplakaten auf der Bundesallee. Das bringt dem SPD-Kandidaten im Wahlkreis Wuppertal I einen Vorteil.

Wuppertal: Der ungleiche Zweikampf um das Mandat für Berlin
Foto: Gerhard Bartsch/A. Fischer

Wuppertal. Im Wahlkreis Wuppertal I tobt der Kampf um das Mandat für Berlin zwischen CDU-Kandidat Rainer Spiecker (56) und Sozialdemokrat Helge Lindh (40). Und wie er tobt, lässt er Rückschlüsse auf den Zustand der Parteien zu. Vorausgesetzt, dass die Mitbewerber von FDP, Grünen, Linken, Partei und MLPD aller Voraussicht nach nicht die meisten Stimmen auf sich vereinigen werden, ist am 24. September Endspiel zwischen Wuppertals CDU und Wuppertals SPD. Drei Wochen vor Schluss der Partie liegt die SPD deutlich vorn, zumindest was die Präsenz von Plakaten im Straßenraum und die Prominenz von Gästen aus der Bundespolitik angeht. Das hat Ursachen.

Helge Lindh ist überall. Mehr Helge, mehr Zukunft; Mehr Helge, mehr Wuppertal, dazu Helge Lindh im Kreise junger, attraktiver Menschen. Die Botschaft ist klar: Der Mann dort im feinen Zwirn, Helge Lindh, ist die Antwort auf alle politischen Fragen — und das an der Talachse bisweilen im Abstand von wenigen Metern. Unterbrochen wird die SPD-Plakatparade manchmal von den Grünen, selten von Rainer Spiecker. Der Christdemokrat sitzt auf einem Stein an der Wupper, schaut seriös-entschlossen in die Kamera und firmiert mit nur einem Wort: sicher. Das ist ein deutlicher Hinweis auf die vermeintliche Kernkompetenz des Kandidaten und dessen Partei. Die CDU will für Recht und Ordnung stehen. Optisch macht sie das allerdings eher sporadisch verglichen mit dem sozialdemokratischen Lindh-Stakkato. Wahlwerbung kostet nämlich Geld.

Die riesigen Reklametafeln an Straßenrändern werden „Wesselmänner“ genannt. Namensgeber ist die Wattenscheider Werbeagentur Wesselmann. Sie ist seit Mitte der 1960er Jahre im Geschäft, verfügt in der Regel über hochfrequentierte Stellflächen in Großstädten. Die Plakate stehen insgesamt sechs Wochen. Sie kosten pro Stück für diesen Zeitraum bis zu 500 Euro.

Dass Lindh öfter bedeutungsschwanger auf die Autofahrer schaut als sein Konkurrent um das Direktmandat hat letztlich mit Geld zu tun. Die SPD in Wuppertal ist seit Jahren wohlhabender als die christdemokratische Konkurrenz. Bei der sind Kandidaten gehalten, zur Finanzierung der Wahlwerbung auch ins eigene Portemonnaie zu greifen. Da fällt jeder zusätzliche Wesselmann sehr ins Gewicht.

Parteiintern macht die Kreis-CDU den Beginn ihrer Finanzmisere auch fast 20 Jahre danach noch am heißen Wahlkampf um das Oberbürgermeisteramt in Wuppertal fest. 1999 versuchte der damalige Hermann-Josef Richter gegen Hans Kremendahl von der SPD ans Amt des Oberbürgermeisters zu kommen. Am Ende der Materialschlacht stand die CDU im wahrsten Sinne mit leeren Händen da. Daran hat sich nach Parteiangaben seither nicht viel geändert. „Wir bezahlen die Schulden immer noch ab“, heißt es aus der CDU.

Leidtragende sind seither alle Kandidaten in Wuppertaler Wahlkämpfen. So auch Rainer Spiecker.

Auf einem anderen Feld hingegen ist Spiecker mit seinem einzigen ernsthaften Konkurrenten, Lindh, hingegen mindestens auf Augenhöhe. Und das hat er Mathias Höschel zu verdanken. Seit dem Tod von Peter Hintze im Dezember vergangenen Jahres sitzt der Neusser Kieferorthopäde für die CDU im Wahlkreis I im Bundestag. Er ist ein Neuling, kein Wuppertaler und musste die eigene Kandidatur nicht zuletzt deshalb Spiecker überlassen. Dennoch müht er sich nach Kräften, im Wahlkampf namhafte Politiker in die Stadt zu holen, zuletzt waren der Staatssekretär im Innenministerium Günter Krings, und dessen Kollege im Verteidigungsministerium, Ralf Brauksiepe, zu Gast. Die wirklichen christdemokratischen Schwergewichte sind bisher allerdings im Wahlkreis Solingen-Remscheid-Ronsodorf-Cronenberg unterwegs. Dort kandidiert Jürgen Hardt, der CDU-Mann der Bundesregierung für die transatlantischen Beziehungen. Deshalb kann er auf die Hilfe von Ministern wie Peter Altmaier und Ursula von der Leyen setzen. Die Verteidigungsministerin kommt nächsten Freitag zur Unterstützung Spieckers nach Wuppertal in den Ratssal.

Prominent kann Helge Lindh aber auch. Zwar macht für ihn keiner aus der SPD-Bundesministerriege Station in Wuppertal. Doch das wird aufgewogen vom Besuch des Spitzenkandidaten der Sozialdemokraten, Martin Schulz. Er spricht am Mittwoch nachmittag auf dem Laurentiusplatz.

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