Der Rechengigant vom Grifflenberg

Die Bergische Universität hat ihr neues Rechenzentrum für experimentelle Teilchenphysik eingeweiht. Das Zentrum umfasst ca. 1000 Rechner.

Wuppertal. Ein Plüsch-Pinguin zählt zu den Dingen, die in einem modernen Rechenzentrum besonders entbehrlich erscheinen. Professor Peter Mättig, Teilchenphysiker an der Bergischen Universität, mag sich dann auch gar nicht zu dem Maskottchen äußern, das über den Datencluster der Uni wacht. "Ein Geschenk", sagt er eilig.Endzeitfanatiker werden trotz allem Anlass sehen, dem Wissenschaftler einen Hang zum Aberglauben zu unterstellen. Im vergangenen Jahr war bei Genf der "Large Hadron Collider" (LHC) in Betrieb genommen worden. Der Teilchenbeschleuniger sollte den Urknall simulieren - sehr zum Missfallen derer, die den Weltuntergang in einem Schwarzen Loch voraussahen.

Mättig, Kollege Christian Zeitnitz und ein Team von Studierenden hatten eigens für den LHC einen Pixeldetektor entwickelt, der das Geschehen im Innern der Röhre mit einer Geschwindigkeit von 40 Millionen Bildern pro Sekunde aufzeichnen und die Werte an den Rechnerverbund "Grid" senden sollte. Doch kein Schwarzes Loch, sondern eine technische Panne zwang zum Aufschub.

Im Herbst soll der Teilchenbeschleuniger erneut starten. Bis dahin üben sich die bergischen Wissenschaftler sozusagen im Trockenrechnen mit simulierten Daten. Ihr dazu erforderliches Instrument, der Rechen- und Datencluster, umfasst zehn mannshohe Schränke, in denen sich 750 Terabyte Speicher befinden. Kühlung, Stromversorgung und Verkabelung stellen dabei eine eigene grandiose Leistung dar. Blass vor Neid werden normale Internetnutzer, wenn sie auf die Verbindungsgeschwindigkeit von 10 Gigabit blicken. Erforderlich ist sie, weil 140 Institute in aller Welt mit rund 100.000 Rechnern am Grid-Verbund teilnehmen und Daten einspeisen.

Der bergische Cluster, ein wichtiger Baustein im weltweiten Verbund, hat 1,4 Millionen Euro an Drittmitteln verschlungen. Sehr wohl kann er eines Tages auch für Zwecke abseits des LHC dienen, doch weiß Mättig: "Ein Verständnis der Möglichkeiten muss sich da erst noch entwickeln." Das wird ganz gewiss geschehen, zumal umgekehrt der Blick in die Vergangenheit verdeutlicht, welch rasanter Vormarsch da betrieben wird.

"Kurz nach meiner Promotion habe ich an den ersten Workshops teilgenommen", erinnert sich Mättig an die Anfänge des LHC-Projekts 1982. "Damals haben wir noch geglaubt, wir müssten riesige Betonklötze bauen, um so etwas in Gang bringen zu können." Was ihn aber noch mehr fasziniert, ist der Gedanke, dass Tausende von Wissenschaftlern in einer großen Gemeinschaft an dem gigantischen Werk arbeiten.

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