Brauchtum Der Nikolaus ist heutzutage nicht mehr gefragt

Wuppertal · Darsteller Björn Wagner wird am 6. Dezember fast nur noch als Weihnachtsmann gebucht - und nicht als Bischof von Myra.

 Das Bischofskostüm unterscheidet sich deutlich von dem des Weihnachtsmanns.

Das Bischofskostüm unterscheidet sich deutlich von dem des Weihnachtsmanns.

Foto: dpa, hka pzi

In diesem Jahr lässt der Wuppertaler Björn Wagner die Mitra im Schrank. Als Alleinunterhalter stellt er seit mehr als 20 Jahren Nikolaus und Weihnachtsmann dar. Doch in diesem Jahr ist nur noch der Mann mit der roten Zipfelmütze gefragt – auch wenn der 6. Dezember eigentlich nicht seine Zeit ist. Egal: Zwischen 5. und 8. Dezember tritt Björn Wagner bis zu zwölf Mal täglich als Weihnachtsmann auf und beschenkt Kinder.

Wagner sagt: „Nikolaus und Weihnachtsmann werden gerne in einen Topf geworfen. Deshalb frage ich immer nach, ob die Leute wirklich den Bischof von Myra haben wollen.“ Das Ergebnis: Immer häufiger wird nicht der Heilige, der seinen Ursprung in der osteuropäischen Kirche hat, verlangt, sondern die fiktive Figur, die Anfang des 20. Jahrhunderts durch Coca-Cola-Werbung zu großer Berühmtheit fand.

Für Björn Wagner besteht der Unterschied zwischen den beiden Figuren nicht nur in der Verkleidung – der Bischof hat ein weißes Gewand, eine Bischofsmütze und einen Stab. Der Alleinunterhalter sagt: „Der Weihnachtsmann hat schon mal einen lockeren Spruch auf den Lippen und ist lustig. Der Bischof ist ernster. Das ist eine religiöse Figur.“ Vor allem katholische Einrichtungen wie beispielsweise Kindertagesstätten legen noch Wert auf den St. Niklas, wie er in Österreich genannt wird. Doch Wagner schätzt mit Blick auf die vergangenen Jahre: Auf 15 Aufträge für den Weihnachtsmann kommt nur noch ein Auftrag für den ursprünglichen Nikolaus.

Für Wagner ist die Identitäts-Verwirrung um den Nikolaus unpraktisch. Schließlich muss er sich an den eng getakteten Tagen rund um den 6. Dezember extra für den Nikolaus umziehen, wenn dieser denn mal verlangt wird. „Das mache ich ungern auf offener Straße“, sagt Wagner. Als Weihnachtsmann und Nikolaus müsse man unbedingt darauf Acht geben, dass Kinder die Verwandlung nicht miterleben: „Ich parke auch extra immer ein Stück um die Ecke. Die Kinder erwarten ja, dass der Weihnachtsmann mit dem Schlitten davonfliegt.“

Für den Pastoralreferenten Werner Kleine sind Nikolaus und Weihnachtsmann „Brüder im Geiste“, aber doch in einem Punkt unterschiedlich. Kleine sagt: „Der Bischof ist eine christliche Figur und bringt eine Botschaft mit.“ Er stehe für das christliche Glaubensbekenntnis und sei eng mit der Ethik der Nächstenliebe verbunden. Kleine bedauert: „Das kulturelle Wissen ist in diesem Punkt leider etwas verloren gegangen.“ Er selbst schlüpfe am 6. Dezember auch wieder in die Rolle des Nikolauses – natürlich mit Bischofsmütze und christlicher Botschaft.

Aber ohne Knecht Ruprecht. Denn diese Rolle, so wie sie heute dargeboten wird, habe laut Kleine nicht viel mit dem Ursprung zu tun. Der Pfarrer weiß: „Der Knecht war eigentlich der gute Helfer des Nikolauses. Heute ist er zu einer erzieherischen Figur geworden.“

Auch die Legenden, die sich um den Nikolaus ranken, sind heute bei einem Großteil der Bevölkerung in Vergessenheit geraten. So soll der Nikolaus etwa einen armen Mann davor bewahrt haben, seine drei Töchter in der Not zu prostituieren. An drei Abenden warf der Nikolaus der Geschichte nach jeweils einen Goldklumpen durch die Fenster der Frauen und bewahrte sie vor dem Schicksal. Daher wird der Nikolaus heute noch manchmal mit drei goldenen Kugeln dargestellt. neuk

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