Der langsame Abschied vom eigenen Ich

Der Dokumentarfilm über Demenz, „Viele Abschiede“, feiert am Montag Premiere.

Wuppertal. Sie sei immer so redselig gewesen, erzählt Herr Schmitz. Der Wuppertaler sitzt nachdenklich in seinem Wohnzimmer vor einer dunklen Schrankwand und spricht über seine Frau. Im Urlaub vor einigen Jahren, als sie den vereinbarten Treffpunkt nicht fand und herumirrte, da wurde ihm bewusst, dass etwas nicht stimme. Etwas hatte sich verändert. Nichts greifbares.

Es ist ihr Gehirn, das nicht mehr so arbeitet wie früher und allmählich die Erinnerungen und dann die Persönlichkeit verblassen lässt. Demenz nennen es Mediziner. Für Angehörige und die Betroffenen ist es ein langer Abschied.

Sieben junge Filmemacher haben im Rahmen des Medienprojekts Wuppertal einen Dokumentarfilm über das Leben mit Demenz gedreht. Entstanden sind persönliche Portraits über mehrere Familien. Darunter die Schmitzs sowie eine weitere Wuppertaler Familie. Ein Vierteljahr wurde gedreht, am Montag, 29. November (19.30 Uhr, Cinemaxx, Bundesallee 250), wird der Film unter dem Titel "Viele Abschiede"zum ersten Mal gezeigt.

Rund 20 000 Euro hat das Projekt, das aus Mitteln des Medienprojekts selbst sowie von Barmer GEK und aus Landesmitteln finanziert wurde, gekostet. Ein wichtiges Thema, findet nicht nur der Geschäftsführer des Medienprojekts, Andreas von Hören. Schätzungsweise sind mindestens 10 000 Menschen in Wuppertal an Demenz erkrankt. "Viele Menschen sind mit dieser Situation konfrontiert", sagt Sozialdezernent Stefan Kühn. Ob in der eigenen Familie oder im Bekanntenkreis.

Zwei Drittel der erkrankten Menschen werden zu Hause von Angehörigen, ehrenamtlichen Helfern und Pflegediensten betreut. Im Alltag bedeutet das, "ständig Lösungen für kleine Probleme" zu finden. Wer passt auf, wenn ein Einkauf ansteht? "Es gibt kein gemeinsames Erleben mehr", sagt Psychologin Monika Wilhelmi. Wünsche un Bedürfnisse der Pflegenden blieben häufig auf der Strecke.

"Jeden Tag muss ich erraten, was sie meint", sagt Bernhard Borgmeier über seine Frau Ursula. Schon lange sei sie "nicht mehr dieselbe Person, sondern nur noch eine Figur." Auch Familie Borgmeier wird im Film begleitet. Während Ursula ihm früher stets den Rücken freihielt, sich kümmerte, muss der heute 72-Jährige kochen, putzen und waschen. "Dieser Rollentausch ist mit nicht leicht gefallen." Am Ende braucht es vor allem Akzeptanz, um dieses schwierige Schicksal anzunehmen und zu bewältigen.

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