Offen gesagt Herrengedeck-Posse

In Wuppertal ist seit Monaten eine kleine, aber hartnäckige Gruppe von Menschen damit beschäftigt, der Stadt Wuppertal einen Korruptionsskandal ans Bein zu binden. Es geht immer noch um die leidige Geschichte mit dem Anmelden von Autos eines Bochumer Unternehmens in Wuppertal.

Vermengt wird das Ganze von interessierten Kreisen mit der Abwahl eines an seinen Aufgaben gescheiterten Dezernenten.

Basis der Geschichte ist ein Geschäft, dass vermutlich nach dem 10. Herrengedeck (ein Bier, ein Korn) in einer Eckkneipe zustande gekommen ist. Vor vielen Jahren hatte ein inzwischen gestorbener Wuppertaler Wahlbeamter mit einem Bochumer Unternehmer vereinbart, dass der seine 8000 Leasingfahrzeuge in Wuppertal zulässt. Damit der Mann das macht, räumte der hohe Beamte ihm einen Rabatt von zehn Euro pro Auto ein. Das war und ist nicht erlaubt. Also wurde ein Gegengeschäft vereinbart. In den betreffenden Autos sollten Aufkleber angebracht werden, die für Wuppertal werben. Genau das lief jahrelang ebenso reibungs- wie wirkungslos, bis der dafür zuständige Geschäftsführer der Wuppertal Marketing GmbH vergaß, die Aufkleber an den Bochumer Unternehmer zu schicken. Fortan fuhren die Wagen, billiger angemeldet, ohne Wuppertal-Werbung.

Das Geschäft ist längst eingestellt. Der inzwischen abgewählte Dezernent hat es völlig zu recht beendet. Seither verbreitet er allerdings, unterstützt von einer Facebook-Armee der Finsternis und von den Linken im Stadtrat die Mär, seine Abberufung sei die Rache dafür, dass er die Herrengedeck-Posse beendet habe.

So ein Verhalten ist in Wuppertal nicht ganz unüblich. Seit korrupte Geschäftsführer und Ratspolitiker die städtische Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft GWG vor gut 20 Jahren beinahe hingerichtet hätten, sind die Sensoren vieler Wuppertaler auf Lug und Trug geeicht. Und das ist gut so.

Aber das sollte niemanden dazu verleiten, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Mit annähernd derselben Leidenschaft, mit der ein abgesetzter Dezernent sich zum Opfer einer nicht existenten Intrige macht, wird die Personalie skandalisiert, die seit viel zu vielen Wochen das Tanztheater Pina Bausch beschäftigt und belastet. Dabei geht es letztlich nur darum, dass zwei Parteien sich zusammentaten, die doch nicht zusammenpassten. Nun ließe sich so ein Missverständnis erwachsen seriös beenden - oder nach Wuppertaler Art. Also wird schmutzige Wäsche gewaschen, auch vor Gericht. Das Ende vom Lied sind eine Vielzahl von Verlierern und, wie immer, eine erkleckliche Summe Geld des Steuerzahlers, weil das Wegfegen von Scherben nach Arbeitsgerichtsprozessen in der Regel sehr kostspielig ist.

Sowohl im Falle ASS als auch im Falle Adolphe Binder sind die Probleme hausgemacht. Die zuständigen Herren in Politik und Verwaltung haben in beiden Fällen Grundtugenden vermissen lassen. Es ist nicht seriös, Geschäfte zu konstruieren, die sich gerade so eben noch in Grauzonen bewegen. Und es wäre den Verantwortlichen auch zu wünschen, dass sie bei der Auswahl von Führungspersonal endlich mehr Sorgfalt walten lassen, damit teure Fehlentscheidungen nicht die Regel, sondern die Ausnahmen sind. Das gilt für Intendanten wie für Dezernenten.

Mit Korruption hat all das nichts zu tun. Eher mit provinzieller Wurschtigkeit, für die sich der eine oder andere Verantwortliche zumindest bei den Mitarbeitern des Straßenverkehrsamt dringend entschuldigen sollte. Denn es ist schlicht Geringschätzung, den Beschäftigten dort 8000 Anmeldeverfahren pro Jahr zusätzlich aufzubürden, ohne dafür Personal bereitzustellen, weil es den Eindruck erweckt, die Leute täten nicht genug. Das ist unverschämt. Aber ein Skandal ist das nicht.

Der schlicht aus Qualitätsmangel vom Stadtrat abberufene Dezernent und unbeirrbare Aufklärer einer lächerlichen Kneipenabsprache lebt übrigens noch bis 2023 auf Kosten Wuppertals, und das bei etwa 70 Prozent seiner Bezüge vermutlich nicht schlecht. Manch ein Mitarbeiter von Bayer in Elberfeld und Aprath, der demnächst seine Stelle verliert und nicht einmal zwei Jahre Arbeitslosengeld erhält, geschweige denn 70 Prozent seiner letzten Bezüge, könnte das als skandalös empfinden.

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