Den Schuldnerberatungen droht die große Pleite

Die Verbraucherzentrale muss wohl aufgrund unzureichender Zuschüsse 2011 ihr Angebot einstellen. Trotz riesigen Ansturms.

Wuppertal. Günstige Kredite, attraktive Handyverträge und komfortable Raten - mit diesen Werbeversprechen hat schon so manche Schuldnerkarriere begonnen. Am Ende können oft nur noch kostenfreie Schuldnerberatungen helfen. Doch die schlagen in Wuppertal jetzt Alarm. Der erste von drei Trägern, die Verbraucherzentrale (VZ), kündigt an: Wenn wir weiterhin von Kommune und Land unzureichend finanziert werden, müssen wir unser Angebot 2011 einstellen. Iris van Eik, VZ-Sprecherin NRW, sagt: "Uns fehlen 5500 Euro im Jahr. Es kann doch nicht sein, dass es daran scheitert."

Es ist tragische Ironie - den Schuldnerberatungen in Wuppertal steht finanziell das Wasser bis zum Hals. Und dabei ist gerade im Tal fast jeder fünfte Volljährige überschuldet - die privaten Ausgaben sind also höher als die Einnahmen. Bei Creditreform liegt Wuppertal bundesweit auf dem zweiten Platz was die Pro-Kopf-Verschuldung betrifft.

Schon jetzt sind die Anlaufstellen Diakonie, Awo und Verbraucherzentrale überlaufen. Bei der Diakonie etwa gibt es mittlerweile eine Schnellberatung per Hotline. Wer eine persönliche Schuldner- oder Insolvenzberatung benötigt, muss vier bis sechs Monate Wartezeit einrechnen, bei der Verbraucherzentrale werden derzeit gar keine neuen Fälle angenommen. "Das ist eine Katastrophe", sagt Ulrich Liebner, Leiter des Diakonie-Fachbereichs Beratung, und verweist auch auf die gesellschaftlichen und psychischen Folgen für die Betroffenen.

Im Jahr 2009 hat die Diakonie 1594 Personen beraten, im Durchschnitt lagen deren Schulden bei 33611 Euro und die Anzahl der Gläubiger bei 10. Selbst mit 6,5 Vollzeitstellen ist der Ansturm kaum zu bewältigen. Und Liebner sagt: "Die finanzielle Schere geht immer weiter auseinander."

Das Problem: Die laufenden Kosten steigen, während die Zuschüsse von Stadt für die Schuldner- und vom Land für die Insolvenzberatung seit Jahren eingefroren sind. Liebner: "Seit 1999 kriegen wir jährlich 40.000 Euro vom Land." Die Stadt verteilt seit 2005 jährlich 300.000 Euro auf die drei Träger.

Die Verbraucherzentrale macht am heutigen Freitag um 15.30 Uhr am Döppersberg (Alte Freiheit) eine Kundgebung zum Thema und sammelt symbolisch Spenden. Doch van Eik sagt: "Das wird nie reichen. Die Finanzierung hat ein strukturelles Problem."

Die Stadt spielt den Ball zur Landesregierung weiter. Sozialdezernent Stefan Kühn sagt: "Wir dürfen die Zuschüsse nicht erhöhen." Solch ein Haushalt könne von der Bezirksregierung nicht genehmigt werden. Er hoffe daher, dass die neue Landesregierung den Kommunen mit Nothaushalt mehr Freiheiten einräumt.

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